Wahlprüfsteine zur Landtagswahl in Baden-Württemberg 2021

Wir haben die Parteien mit den höchsten Chancen auf einen Einzug in den nächsten baden-württembergischen Landtag um eine Antwort auf 11 Fragen gebeten, die wir als DGJ für das deutsche Wissenschaftssystem und insbesondere für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler als wichtig erachten.

Die Antworten der Parteien wurden unverändert übernommen. Die Sortierung wurde entsprechend der Reihenfolge auf dem Wahlzettel vorgenommen.

1. Ist der Finanzierungsschlüssel für Universitäten, Fachhochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen in Baden-Württemberg zeitgemäß? Inwiefern ist die Finanzierung von Lehre und Forschung – trotz pandemiebedingter Haushaltsdefizite – gesichert, sind Kürzungen aus Ihrer Sicht auszuschließen?

GRÜNE

Wir stehen dazu, die Hochschulfinanzierungsvereinbarung II vollständig umzusetzen. Sie bietet den baden-württembergischen Hochschulen finanzielle Verlässlichkeit und eine sichere Grundfinanzierung – auch und gerade in der Post-Corona-Zeit. In der kommenden Legislaturperiode muss über die Fortführung der Hochschulfinanzierung entschieden werden. Mit einer Hochschulfinanzierungsvereinbarung III wollen wir den Kurs einer verlässlichen Grundfinanzierung fortsetzen. Kürzungen schließen wir dabei aus.

CDU

Mit dem im März 2020 unterzeichneten Hochschulfinanzierungsvertrag II für die Jahre 2021 – 2026 haben die Hochschulen in Baden-Württemberg Planungssicherheit und eine solide finanzielle Grundlage erhalten. Der Hochschulfinanzierungsvertrag ist langfristig angelegt. Kürzungen sind aus unserer Sicht ausgeschlossen.

Die CDU strebt unmittelbar nach der Landtagswahl die Einberufung einer Hochschulstrukturkommission an. Diese soll die Struktur der baden-württembergischen Hochschullandschaft umfassend evaluieren. Sie soll Maßnahmen entwickeln zur Neujustierung des Gesamtsystems, zur Profilierung der einzelnen Hochschulen und Hochschularten, der Studienstrukturen sowie für eine zukunftsfeste, verbesserte und aufgabengerechte Hochschulfinanzierung.

SPD

Es war gut, dass sich Land und Hochschulen schneller als erwartet über den Hochschulfinanzierungsvertrag 2021 – 2025 geeinigt und die Finanzierung auf eine zukunftsfähige Grundlage gestellt haben. Angesichts steigender Studierendenzahlen hätte es aber mehr sein müssen. Ein Auge haben wir auf die Posten, die unter Haushaltsvorbehalt stehen – zum Beispiel bei der Akademisierung der Gesundheitsberufe, die Digitalisierung an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften.

AFD

Unsere Universitäten und Hochschulen leiden seit Jahren an chronischer Unterfinanzierung. Sie bekommen heute ein Drittel weniger Geld pro Studenten vom Land als vor 20 Jahren. Das hat dramatische Auswirkungen auf alle Bereiche, auf die Lehre, Ausstattung und Organisation. Es ist skandalös, dass die Landesregierung sehr wohl weiß, dass der zur Verfügung stehende Betrag die laufenden Ausgaben der Hochschulen niemals decken kann. Die AfD-Fraktion will sich für bedarfsgerechte Grundfinanzierung einsetzen und diese schrittweise bis 100% erhöhen.

FDP

Wir wollen auch in Zukunft die verlässliche Hochschulfinanzierung in Baden-Württemberg über fünfjährige Hochschulpakte fortsetzen und darauf achten, dass alle Hochschularten bedarfsgerecht finanziert werden und sich Unwuchten, wie zuletzt gegenüber den Hochschulen für Angewandte Wissenschaften, nicht wiederholen. Dabei müssen die finanziellen Mehrbelastungen, die durch die Umsatzsteuerreform für die Hochschulen entstehen, aus dem Landeshaushalt ausgeglichen werden. Schließlich werden wir auch den Sanierungsstau an den Hochschulen entschlossen angehen und dafür in der nächsten Wahlperiode Haushaltsmittel in Milliardenhöhe bereitstellen.

DIE LINKE

Hochschulen und Universitäten in Baden-Württemberg und darüber hinaus sind seit Jahren chronisch unterfinanziert. Insbesondere die extrem aufgeblähte wettbewerbsförmige Vergabe von Forschungsmitteln – seien es DFG-Mittel, Drittmittel aus der Wirtschaft oder Mittel aus der Exzellenzstrategie – betrachten wir als einen Irrweg, der prekäre Beschäftigungsverhältnisse schafft. Denn wo Mittel nur auf Zeit vergeben werden, können auch nur Stellen auf Zeit geschaffen werden. Forscher*innen insbesondere des wissenschaftlichen Mittelbaus stehen damit ständig vor der Unsicherheit, wie es mit ihrer Beschäftigung an der Hochschule weitergeht, wenn die aktuellen Forschungsmittel auslaufen. DIE LINKE steht für die massive Aufstockung der universitären Grundmittel. Forscher*innen sollen Zeit haben zum Forschen und nicht ständig neue Anträge schreiben. Um das Finanzierungsdefizit der letzten Jahre zu bewältigen, braucht es eine Abkehr von der Schuldenbremse. Zur Bewältigung der pandemiebedingten Mehrkosten im Haushalt für Milliardäre und Multimillionäre. Damit ließen sich auch Verbesserungen im Hochschulsystem finanzieren.

2. Wie bewerten Sie die wachsende Pluralität von Karrierewegen auf dem Weg zu einer Lebenszeitprofessur (Habilitation, Junior- und Tenure-Track-Professur oder Nachwuchsgruppenleitung)?

GRÜNE

Eine entscheidende Komponente für wissenschaftlichen Erfolg ist der wissenschaftliche Nachwuchs. Wir befürworten daher den Weg, die akademischen Aufstiegsmöglichkeiten zu diversifizieren.

CDU

Wir befürworten die Pluralität von Karrierewegen auf dem Weg zur Lebenszeitprofessur. Die CDU will klugen Köpfen eine klare Perspektive bieten. Dazu gehören insbesondere auch Junior- und Tenure-Track-Professuren, weil sie mehr Verlässlichkeit in der Karriereplanung bieten.

SPD

Die SPD begrüßt die Pluralisierung der Karrierewege in der Wissenschaft. Ein Weg, auf dem sich Kandidatinnen und Kandidaten durch immer engere Nadelöhre pressen müssen mit dem Ziel, allein an einer Spitze zu stehen, ist nicht mehr zeitgemäß. Dieses Modell kann nicht mehr für den Bedarf an qualifiziertem und hochqualifiziertem Nachwuchs sorgen, den ein sich immer weiter ausdifferenzierendes Wissenschafts- und Hochschulsystem benötigt.

AFD

Grundsätzlich gibt es gegen verschiedene Wege, die zum Ziel führen, nichts einzuwenden. Im Gegenteil, jeder kann sich individuell seinen Karriereweg wählen. Unbedingt zu beachten ist jedoch, dass keine Abstriche bei der Qualität gemacht werden dürfen, sodass verschiedene Qualifikationswege gleich gute Ergebnisse hervorbringen.

FDP

Der wissenschaftliche Nachwuchs braucht verlässliche Perspektiven und attraktive Bedingungen an den Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Wir Freie Demokraten wollen die Hochschulen darin unterstützen, das Studienangebot an die gewandelten Anforderungen des 21. Jahrhunderts anzupassen und werden uns dafür einsetzen, dass die Ausstattung der Lehre auskömmlich gestaltet ist und die vom Wissenschaftsrat empfohlene Quote an hauptamtlichen Professoren und Professorinnen ermöglicht wird. Die Stellen im Akademischen Mittelbau müssen so ausgestaltet sein, dass eine Hochschulkarriere für Lehrende sowohl finanziell als auch für die private Lebensplanung attraktiv wird.

DIE LINKE

Eine Vielzahl an Karrierewegen an der Hochschule wird aus unserer Sicht der Vielzahl von Lebenssituationen wissenschaftlich Beschäftigter gerecht und wird deshalb von uns begrüßt. Sie bieten aber keine grundlegende Antwort auf die basalen Probleme des deutschen Wissenschaftssystems.

3. Welchen Stellenwert sollte die Habilitation in Zukunft innerhalb des baden-württembergischen Hochschulsystems einnehmen?

GRÜNE

Wir sehen aktuell keinen Anlass, den Paragraf 39 des Landeshochschulgesetzes zur Habilitation grundlegend zu ändern.

CDU

Die Habilitation wird ihren Stellenwert innerhalb des baden-württembergischen Hochschulsystems je nach Fachdisziplin in unterschiedlicher Ausprägung behalten.

SPD

Die SPD sieht aktuell keine Notwendigkeit, an der Habilitation selbst Änderungen vorzunehmen. Wir sind aber für Gespräche offen, welche weiteren Wege und Öffnungen bei den wissenschaftlichen Qualifikationen möglich sind, um den höchsten akademischen Grad und die wissenschaftliche Selbstständigkeit zu erreichen. Wir gehen davon aus, dass aus der vielfältigen baden-württembergischen Hochschullandschaft hierzu viele Vorschläge kommen.

AFD

Die Habilitation ist eine gute Methode, um die wissenschaftliche Qualifikation eines Wissenschaftlers nachzuweisen. In einer Tiefe und zugleich in einer Breite, die kein anderes Verfahren ermöglicht. Klar ist aber, dass dieses Verfahren ihre Schwäche hat und möglicherweise nicht für alle Fächer der beste Weg ist. Die strukturelle Ausgestaltung dieses Qualifikationsweges bedarf unbedingt einer Optimierung. Diese wollen wir unterstützen.

FDP

Der Stellenwert und die Anerkennung einer Habilitation sind im hiesigen Wissenschaftssystem mit einer langen Historie untermauert. Allerdings wächst auch die Heterogenität der akademischen Karrierewege. Mit der Neufassung des Landeshochschulgesetzes 2005 haben die baden-württembergischen Hochschulen einen beachtlichen Zuwachs an Freiheit erlangt, den wir als unabdingbare Voraussetzung für die Qualität von Forschung und Lehre auch bei personellen Auswahlentscheidungen nach hochschulindividuellen Qualifikations- und Berufungskriterien stärken wollen.

DIE LINKE

Es ist ein negatives Alleinstellungsmerkmal des deutschen Wissenschaftssystems, dass es unterhalb der Professur nahezu keine Dauerstellen vorsieht. Für eine langfristige Perspektive an der Hochschule bleibt dem wissenschaftlichen Nachwuchs damit in der Regel keine Alternative, als jahrelang mit vielen anderen zuerst um die beschränkten Doktorandenstellen und schließlich um die beschränkten Professorenstellen zu konkurrieren. Bis sich einmal geklärt hat, ob der dauerhafte Verbleib in der Wissenschaft gelingt, sind die Betroffenen systembedingt im Schnitt 40 Jahre alt. Das ist deutlich zu spät – einerseits für die Familiengründung und andererseits für den sicheren Absprung aus der Hochschule in andere Beschäftigungsverhältnisse. DIE LINKE möchte daher die Bedeutung der Habilitation erheblich relativieren, indem deutlich mehr dauerhafte Beschäftigungsverhältnisse unterhalb der Professur geschaffen werden.

4. Soll es weiterhin befristete Juniorprofessuren (bzw. vergleichbare Positionen nach der Promotion) ohne Tenure Track in Baden-Württemberg geben?

GRÜNE

Wir haben mit dem Bund-Länder-Programm „Tenure Track“ einen neuen Karriereweg für junge Wissenschaftler*innen umgesetzt. Er macht den Weg zu einer Professur nicht nur transparenter, sondern auch planbarer. Wir wollen uns weiterhin dafür einsetzen, die Arbeitsbedingungen und Karriereperspektiven von Nachwuchswissenschaftler*innen stetig zu verbessern. Dazu gehören Verlässlichkeit und Transparenz. Nichtsdestotrotz kann es inhaltlich begründet sein, Qualifikationsstellen zeitlich zu befristen. Insofern wollen wir den Hochschulen nicht die Möglichkeit nehmen, solche Stellen auszuschreiben.

CDU

Die Einführung der Juniorprofessuren war ein wichtiger Schritt, um attraktivere Karrierewege für den wissenschaftlichen Nachwuchs an den Hochschulen in Baden-Württemberg zu ermöglichen. Das Landeshochschulgesetz bietet den Hochschulen in Baden-Württemberg die Möglichkeit, Juniorprofessuren mit Tenure Track auch ohne einen Stellenvorbehalt auszuschreiben.

SPD

Die Juniorprofessur hat sich als wichtiger Qualifikationsschritt etabliert. Sie bietet jungen promovierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern eine Karriereoption – und sie ist auch ein attraktives Mittel der Nachwuchsgewinnung für die Hochschulen. Es gibt zunächst einmal keinen Grund, hier Einschränkungen an der Flexibilität für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie für Hochschulen vorzunehmen.

AFD

Die Juniorprofessur ist ein möglicher Weg, die akademische Laufbahn einzuschlagen. Aber auch dieser Qualifikationsweg muss überdacht und optimiert werden.

FDP

Grundsätzlich wollen wir an den Erfolg des Tenure‐Track-Modells anknüpfen, das verstärkt angeboten werden sollte, da es einen verlässlichen und gangbaren Weg zur Lebenszeitprofessur aufzeigt. Es hatte sich gezeigt, dass die Hochschulen die Juniorprofessuren mit Tenure Track zunächst eher zurückhaltend ausgebracht hatten wegen des zunächst geltenden Stellenvorbehaltes, wonach zum Zeitpunkt der Ausschreibung eine Stelle für die anschließende Lebenszeitprofessur hinterlegt sein musste. Obwohl dieses Erfordernis getilgt wurde, folgt die Ausgestaltung von Stellen auch weiterhin deren Finanzierung, die auch in Zukunft personelle Diskontinuitäten mit sich bringen kann. Dagegen stehen wir für eine verlässliche Hochschulfinanzierung durch fünfjährige Finanzierungsvereinbarungen, die den Hochschulen ein Höchstmaß an Planungs- und Finanzierungssicherheit bringt. Nur mit vielgestaltigen und flexiblen Karriere- und Qualifizierungswegen kann die Gewinnung hochqualifizierten wissenschaftlichen Personals gelingen, wobei wir den Hochschulen die Entscheidung überlassen wollen, auch künftig befristete Juniorprofessuren zu schaffen.

DIE LINKE

Die fehlende Planbarkeit von Karrierewegen sehen wir als eines der entscheidenden Probleme im deutschen Wissenschaftssystem. Wir wollen deshalb alle Juniorprofessuren mit Tenure-Track ausstatten. Postdoc-Stellen sind aus unserer Sicht generell zu entfristen. Die Finanzierungsgrundlagen der Hochschulen sind, um dies zu ermöglichen, entsprechend anzupassen.

5. Halten Sie die Einführung von Tenure-Track-Professuren für ein wirksames Mittel, um nachhaltigere Personalstrategien an Universitäten zu etablieren? Falls ja, planen Sie über das Bund-Länder-Programm hinausgehende oder das Programm ergänzende Initiativen zu ihrer Etablierung in Baden-Württemberg? Falls nein, welche Maßnahmen halten Sie für effektiver?

GRÜNE

Den Tenure Track haben wir als Instrument besser planbarer Karrierewege umgesetzt. Das bedeutet: Junge Wissenschaftler*innen können nach einer befristeten Bewährungszeit auf einer Junior-Professur eine dauerhafte Professur bekommen. Wir befürworten Tenure-Track-Professuren grundsätzlich. Da diese Professuren in Baden-Württemberg bereits erprobt sind, gibt es keinen Grund, sie durch ergänzende Maßnahmen zu etablieren.

CDU

Wir halten Tenure Track-Professuren für ein wirksames Mittel, um für ausgezeichnete Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler einen planbareren und attraktiven Karriereweg zu schaffen. Die im Rahmen des Bund-Länder-Programms geförderten neuen Tenure-Track-Professuren sollen langfristig erhalten bleiben. Sie stehen damit Generationen junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dauerhaft zur Verfügung.

SPD

Die SPD wird sich dafür einsetzen, die Tenure-Track-Positionen in Lehre und Forschung auszubauen. Diese können dann parallel zu den Juniorprofessuren ohne Tenure-Track für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und Hochschulen den Wunsch nach langfristiger Personal und Lebensplanung abdecken.

AFD

Die Einführung der Tenure-Track-Professuren ist ein Versuch, die jahrelange Unterfinanzierung der Hochschulen kosmetisch zu korrigieren. Damit wird das Problem nicht an der Wurzel gepackt. Die Hochschulen brauchen finanziellen Spielraum, damit sie den jungen Wissenschaftlern gute Rahmenbedingungen (Planbarkeit, Flexibilität) anbieten kann und damit mehr junge Wissenschaftler sich für eine akademische Laufbahn (Professur) an einer Universität entscheiden.

FDP

Mit dem Tenure-Track-Modell wurde aus Sicht der Freien Demokraten ein verlässlicher eigenständiger Karriereweg für den wissenschaftlichen Nachwuchs etabliert, den wir fortsetzen wollen. Mit einer zuverlässigen Finanzierung von Bund und Land werden die Hochschulen in Zukunft den Tenure-Track noch stärker nutzen. Das Modell der Juniorprofessuren mit verlässlichem Tenure-Track macht den Weg zur Professur berechenbar und ermöglicht eine deutlich frühere Berufung als das herkömmliche Verfahren. Es ist aus unserer Sicht damit ein Faktor des attraktiven Wissenschaftsstandortes Baden-Württemberg, dessen Anziehungskraft auf den wissenschaftlichen Nachwuchs wir weiter stärken wollen.

DIE LINKE

Ja, Tenure Track-Professuren sind ein wichtiger Weg zur Schaffung dauerhafter Perspektiven in der Wissenschaft. Grundlegender und deshalb auch noch wichtiger wäre die Schaffung von mehr dauerhaften Beschäftigungsverhältnissen unterhalb der Professur. Daher treten wir LINKE Baden-Württemberg auch auf Bundesebene dafür ein, 100.000 unbefristete Stellen einzurichten, die der Bund mit einem Anreizprogramm fördert. Für jede unbefristete Neueinstellung sollen die Hochschulen einen Bonus von 10.000 Euro pro Jahr erhalten, die Stellen würden jeweils für zwei Jahre bezuschusst. Innerhalb von zehn Jahren könnte auf diese Weise knapp die Hälfte des hauptberuflich angestellten wissenschaftlichen Personals an den Hochschulen auf Dauerstellen gelangen. Notwendig wären für dieses Programm Mittel in Höhe von durchschnittlich 200 Millionen Euro jährlich. So wären Juniorprofessuren mit Tenure-Track, klassische Mitarbeiter*innenstellen bzw. Hochschuldozent*innen förderfähig.

6. Baden-Württemberg hat vor einigen Jahren die W1-Professur durch eine deutliche Erhöhung des Grundgehalts und die Möglichkeit, Zulagen zu verhandeln, aufgewertet. Wie beurteilen Sie dieses Alleinstellungsmerkmal des baden-württembergischen Hochschulrechts?

GRÜNE

Indem die W1-Besoldung erhöht worden ist, ist auch die Junior-Professur in Baden-Württemberg attraktiver geworden.

CDU

Die Besoldung von W1-Professuren ist in Baden-Württemberg besonders attraktiv. Sie trägt dazu bei, hochqualifiziertes Personal zu gewinnen und zu halten. Zu berücksichtigen sind in diesem Zusammenhang auch die überdurchschnittlich hohen Lebenshaltungskosten in Baden-Württemberg.

SPD

Die Maßnahme war eine richtige, um die Attraktivität dieser Stellen zu erhöhen und den Abstand zur W2-Professur zu verringern. Auch an dem Instrument der leistungsgebundenen Zulagen werden wir festhalten.

AFD

Wir begrüßen die Erhöhung des Grundgehalts. Die Arbeit der Jungwissenschaftler ist wertvoll und muss entsprechend honoriert werden. Dem müssen noch weitere Schritte folgen.

FDP

Wir wollen am System der leistungsbezogenen Besoldungsbestandteile festhalten, in dem auch Juniorprofessorinnen und Juniorprofessoren Zulagen von der Hochschule zur Gewinnung, zur Erhaltung und für besondere Leistungen sowie Forschungs- und Lehrzulagen erhalten können. Allerdings war die Zahl der fehlerhaft vergebenen Zulagen seit der Einführung der leistungsorientierten Vergütung immer wieder Grund für Kontroversen, die es in Zukunft nicht mehr geben soll. Daher wollen wir die Hochschulen bei der zusätzlichen Schaffung juristischer Expertise unterstützen, damit die Zulagen angemessen, verlässlich und bestimmungsgemäß ausgebracht werden können.

DIE LINKE

Zwar geht die Aufwertung von W1-Professuren grundsätzlich in die richtige Richtung, denn viele befristet beschäftigte Professoren verfügen über dieselben wissenschaftlichen Kompetenzen wie diejenigen auf W2- oder W3-Professuren. Die Möglichkeit einer besseren Besoldung von W1-Professuren reduziert damit künstliche Hierarchien im Baden-Württembergischen Wissenschaftssystem; allerdings geht diese Reform an den eigentlichen Problemen, wie etwa der Schaffung dauerhafter Berufsperspektiven und Planbarkeit sowie der Einführung von Dauerstellen unterhalb der Professur, vorbei.

7. Viele hochqualifizierte Wissenschaftler*innen können aufgrund des Fehlens von Professorenstellen nicht berufen werden. Deutschland hinkt hier im internationalen Vergleich hinterher und die Pandemie scheint die Lage nicht zu verbessern. Welche Lösungsansätze schlagen Sie vor?

GRÜNE

Wir setzen uns dafür ein, dass die Hochschulen des Landes über eine bestmögliche Stellenausstattung verfügen.

CDU

Die CDU hat sich im Rahmen der Verhandlungen des Hochschulfinanzierungsvertrags II im Jahr 2020 erfolgreich für eine Übernahme von Programmmitteln in die Grundfinanzierung eingesetzt. Aus den zusätzlichen Grundmitteln können die Hochschulen auch unbefristete Stellen schaffen. Darüber hinaus wollen wir allein im Bereich der Künstlichen Intelligenz-Forschung 50 neue Professuren einrichten.

Die Zahl der hauptberuflich an Hochschulen in Baden-Württemberg tätigen Professoren hat sich laut dem Statistischen Landesamt von 6.157 im Jahr 2009 auf 7.546 im Jahr 2019 erhöht. Das bedeutet einen Zuwachs von rd. 1.400 Professuren innerhalb von zehn Jahren.

SPD

Mit der Erhöhung der Grundfinanzierung sollte es möglich sein, weitere Professorinnen- und Professorenstellen zu schaffen. Das könnte auch helfen, die Konkurrenz zwischen Männern und Frauen abzuschwächen und so den Anteil der Frauen deutlich zu erhöhen. Baden-Württemberg ist in diesem Bereich nach wie vor Schlusslicht im Ländervergleich. Für die Hochschulen für angewandte Wissenschaften allerdings ist es vordringlich, einen Mittelbau einzuführen.

AFD

Das Fehlen von Professorenstellen ist eine Folge der chronischen Unterfinanzierung der Hochschulen. Der seit über 20 Jahren andauernde Sparkurs, den die Hochschulen gezwungen sind zu fahren, hat alle Bereiche des Hochschullebens stark ausgepresst und somit die notwendigen Schritte der Entwicklung und Investition in Zukunft unmöglich gemacht. Eine bedarfsgerechte Finanzierung der Universitäten würde ein gut funktionierendes Personalmanagement etablieren.

FDP

Für uns gilt es, die Hochschulen darin zu unterstützen, das Angebot an Studienplätzen an die gewandelten Anforderungen des 21. Jahrhunderts anzupassen und – wo notwendig – weitere Studiengänge und Studienplätze auszuweisen. Dazu muss aus unserer Sicht die Ausstattung der Lehre auskömmlich gestaltet werden, damit sie allerorten eine angemessene Vergütung und die vom Wissenschaftsrat empfohlene Quote an hauptamtlichen Professoren und Professorinnen ermöglicht. Dazu wollen wir die verlässliche Hochschulfinanzierung über fünfjährige Hochschulpakte fortsetzen und darauf achten, dass alle Hochschularten bedarfsgerecht finanziert werden.

DIE LINKE

Es stimmt, dass Deutschland jedes Jahr erhebliches wissenschaftliches Potential zunächst über extrem langen Qualifizierungsweg entwickelt, um es dann durch fehlende dauerhafte Perspektiven für die Nachwuchsforscher*innen zu verschenken. DIE LINKE Baden-Württemberg will alternative dauerhafte Karrierewege neben der Professur erheblich ausweiten. Dadurch können auch hochqualifizierte Wissenschaftler*innen im Wissenschaftssystem gehalten werden.

8. In den vergangenen Jahren wird verstärkt ein Wandel von einer Lehrstuhl- hin zu einer Department­struktur an Universitäten diskutiert. Wie bewerten Sie die Departmentstruktur als mögliche Organisa­tionsform für die baden-württembergischen Universitäten?

GRÜNE

Im Landeshochschulgesetz ist eine Weiterentwicklungsklausel verankert. Auf dieser Grundlage können die Universitäten ihre Binnenorganisation grundsätzlich verändern – auch in Richtung einer Departmentsstruktur. Sowohl die Departmentsstruktur als auch die Lehrstuhlstruktur haben Vorteile. Wir sehen es aber primär als Aufgabe der Hochschulen an, ihre Binnenstrukturen zu bestimmen und gegebenenfalls zu verändern. Mit einem „Dialogprozess Zukunftslabor Hochschule“ möchten wir eine Plattform etablieren, auf der sich die beteiligten Akteur*innen über diese grundsätzlichen Fragen austauschen können. Im Mittelpunkt soll dabei grundsätzlich die zukunftsfähige Weiterentwicklung des Hochschulsystems stehen. Die Ergebnisse dieses Dialogprozesses wollen wir umsetzen. 

CDU

Eine Departmentstruktur würde darauf hinauslaufen, dass Forscherinnen und Forscher keine eigene garantierte personelle Grundausstattung mehr haben. Das halten wir nicht für angemessen. Ein entsprechender Wegfall der garantierten personellen Grundausstattung wäre mit negativen Rückwirkungen für die Attraktivität des Wissenschaftsstandorts Baden-Württemberg verbunden.

SPD

Vereinzelt haben sich schon Fakultäten im Land auf den Weg gemacht, mit Alternativen zur Lehrstuhlstruktur zu experimentieren. Die SPD ist an diesen Ideen sehr interessiert und offen dafür, über Organisationsformen mit niedrigerer Hierarchisierung an den Hochschulen zu sprechen.

AFD

Die seit Jahren etablierten Strukturen sollten stets auf ihr Verbesserungspotenzial hin überprüft und optimiert werden. Die lautgewordenen Kritikpunkte sind nicht unberechtigt. Eine Übertragung der angelsächsischen Hochschulstrukturen auf die baden-württembergischen Universitäten lehnen wir jedoch ab, weil dies weder zielführend ist noch das eigentliche Problem löst.

FDP

Die innere Organisation der Hochschulen muss deren Bedürfnissen gerecht werden können, weshalb wir die Freiheit der Hochschulen in Forschung und Lehre achten und im Sinne der Hochschulautonomie weiterentwickeln wollen. Das strukturelle Aufbrechen der Lehrstuhl-Strukturen ist oftmals auch der vielzähligen Befristung geschuldet. Diesem Effekt wollen wir mit einer verlässlichen Hochschulfinanzierung begegnen, die mehr unbefristete Planstellen verfügbar macht und die Gestaltungsmöglichkeiten der Hochschulen steigert. Gleichwohl wäre es für uns auch vorstellbar, sich mancherorts dem angelsächsischen Modell der Department-Struktur anzunähern und den Mittelbau so attraktiver zu gestalten, falls eine Hochschule sich derart weiterentwickeln möchte.

DIE LINKE

DIE LINKE Baden-Württemberg hat in ihrem Landtagswahlprogramm sich für die Einführung einer Department-Struktur ausgesprochen. Statt von einzelnen Professor*innen abhängig zu sein, würde damit der wissenschaftliche Nachwuchs an Forschungs- und Lehrfreiheit gewinnen. Department-Strukturen schaffen aus unserer Sicht flachere Hierarchien und mehr Demokratie an der Hochschule. Eine entsprechende Gesetzesinitiative, welche die genaue Ausgestaltung einer zukünftigen Departmentstruktur festlegt, wäre von parlamentarischer Seite gemeinsam mit Fachgesellschaften, Gewerkschaften und allen direkt und indirekt betroffenen Statusgruppen zu erarbeiten.

9. Wie zeitgemäß ist das Wissenschaftszeitvertragsgesetz? Welche Punkte sollten Ihrer Meinung nach novelliert werden?

GRÜNE

Für das Wissenschaftszeitvertragsgesetz ist grundsätzlich der Bund zuständig. Nichtsdestotrotz halten wir es für angezeigt, das Gesetz in der jetzigen Form zu überarbeiten. Die vielen befristeten Stellen sind für den wissenschaftlichen Nachwuchs von Nachteil. Sie führen dazu, dass junge Wissenschaftler*innen ihre Karrieren nicht planen können. Sie sind aber auch für die Hochschulen selbst von Nachteil, weil sie auf diese Weise nicht konkurrenzfähig mit Arbeitgeber*innen in der Wirtschaft sind. Auch die Familienfreundlichkeit leidet. Wir wollen uns daher für mehr unbefristete Beschäftigungsverhältnisse und verlässliche Karriereperspektiven einsetzen.

Eine Debatte zur möglichen Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetz würden wir im Rahmen des bereits erwähnten „Dialogprozess Zukunftslabor Hochschule“ begrüßen.

CDU

Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz trägt den Besonderheiten der wissenschaftlichen Arbeitswelt Rechnung, indem es gegenüber dem allgemeinen Arbeitsrecht spezielle Regelungen für Befristungen vorsieht. Aus unserer Sicht sind befristete Arbeitsverhältnisse insbesondere in der Phase der Qualifizierung junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sinnvoll. Die durch Befristungen begünstigte Rotation ermöglicht nachrückenden Generationen überhaupt erst den Zugang zu wissenschaftlichen Tätigkeiten. Wir halten es für erforderlich, die Befristungspraxis im Wissenschaftssystem fortlaufend im Blick zu halten, um Reformbedarf möglichst früh zu erkennen und im Falle von Fehlentwicklungen angemessen reagieren zu können.

SPD

Beim Wissenschaftszeitvertragsgesetz wurden in den letzten Jahren schon Etappenziele erreicht, die Befristungen erschweren. Aber genau hier kann noch nachgearbeitet und können noch klarere Regeln eingefordert werden. Das setzt aber auch eine Diskussion über Qualifizierung an den Hochschulen voraus und die Schaffung von attraktiven Karriereoptionen, sodass junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nicht in einer vermeintlichen Qualifizierungsphase versanden. Generell gilt: Daueraufgaben müssen auch mit Dauerstellen hinterlegt sein.

AFD

Die Qualität in der Forschungsarbeit und Lehre sowie die Attraktivität des Arbeitsplatzes Hochschule und Forschung bedürfen solcher Rahmenbedingungen, die Sicherheit versprechen. Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz ist ein nicht ernsthaft gemeinter Versuch, sich in diese Richtung zu bewegen. Den Wissenschaftlern bessere Bedingungen bezüglich der Planbarkeit ihres Karriereweges in der Universität zu bieten, sieht anders aus.

FDP

Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz enthält besondere Befristungsregeln für das wissenschaftliche Personal, die es aus unserer Sicht insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Pandemie zu überprüfen und evaluieren gilt. Das Spannungsverhältnis zwischen wissenschaftlichem Wettbewerb und planbaren Lebenswegen im akademischen Raum wird häufig von finanziellen Notwendigkeiten an den Hochschulen dominiert. Mit einer Koppelung der Hochschulfinanzierung an die Studierenden könnte mehr Wettbewerb unter den Hochschulen entstehen und ein Strukturwandel würde angestoßen. Einen ersten Schritt hierzu stellt die aus unserer Sicht sinnvolle Beteiligung der Hochschulabsolventen an der Hochschulfinanzierung nach Abschluss des Studiums in angemessener Höhe dar.

DIE LINKE

DIE LINKE Baden-Württemberg steht zu dem Grundsatz „Dauerstellen für Daueraufgaben“ und strebt daher die Abschaffung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) in seiner jetzigen Form an. In einer umfassenden Reform muss der derzeitige Charakter des WissZeitVG als faktisches Sonderbefristungsgesetz überwunden werden. Hierzu sollten künftig Mindestvertragslaufzeiten definiert werden, so dass Verträge, die Förderdauer der zu bearbeitenden Projekte bzw. die im betreffenden Fach üblicherweise aufgewandte Zeitdauer zur Erreichung der angestrebten Qualifikation nicht unterschreiten. Ein neues WissZeitVG müsste so gestaltet sein, dass nach der Promotion Kettenbefristungen verhindert werden. Die Anzahl zulässiger aufeinanderfolgender befristeter Verträge bei demselben Arbeitgeber, der unter das WissZeitVG fällt, sollte auf zwei begrenzt wird. Darüber hinaus wollen wir, dass Hochschulen und öffentliche Forschungseinrichtungen, die unter ein neues WissZeitVG fallen, zur unbefristeten Beschäftigung verpflichtet werden, wenn dem betreffenden Personal Daueraufgaben übertragen werden und ein Befristungsgrund nach diesem Gesetz bzw. dem Teilzeit- und Befristungsgesetz nicht besteht.

10. Wie lassen sich aus Ihrer Sicht familienfreundlichere Rahmenbedingungen für die Wissen­schaft schaffen? In welchem Umfang wollen Sie in der nächsten Legislatur­periode Dual Career Modelle oder den Ausbau der Kinderbetreuung an baden-württembergischen Hochschulen für Studierende und Mitarbeitende fördern?

GRÜNE

Wir setzen uns dafür ein, Familie und wissenschaftliche Karriere noch besser zu vereinbaren. Wir sehen bereits einige Fortschritte, aber auch noch Herausforderungen. Ein Ausbau der Kinderbetreuung ist in jedem Fall ein wichtiges Element. Auch die Anerkennung von Familienzeiten wollen wir vereinfachen. Insbesondere für Studierende, wissenschaftliche Angestellte und Professor*innen, die während der Corona-Pandemie aufgrund fehlender Betreuung in ihrem Studium bzw. in Forschung und Lehre eingeschränkt sind. Zudem können Teilzeit und Jobsharing dazu beitragen, Beruf und Privatleben besser unter einen Hut zu bringen.

CDU

Der CDU sind familienfreundliche Rahmenbedingungen an den Hochschulen in Baden-Württemberg wichtig. Ein wesentlicher Partner sind hierbei die Studierendenwerke, die zahlreiche Betreuungsplätze für Kinder des wissenschaftlichen Personals und von Studierenden zur Verfügung stellen.

SPD

Für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gibt es bereits gute Beispiele: So hat der SPD-Justizminister zwischen 2011 und 2016 Kooperationen mit örtlichen Kita-Trägern organisiert, um Plätze für die Beschäftigten der Justiz zu generieren. Wir sind der Auffassung, dass diese Grundidee auch auf andere Geschäftsbereiche der Landesregierung übertragen werden kann, so auch auf das Wissenschaftsministerium.

AFD

Familienfreundliche Rahmenbedingungen sind für den Arbeitsort ein großer Attraktivitätsfaktor. Dieser Weg muss weiterhin verfolgt werden, weil es allen Beteiligten zugutekommt. Aktuell lässt sich jedoch, in Anbetracht der Corona-Krise und ihrer Folgen, nicht seriös schätzen, in welchem Umfang sich dies in der nächsten Legislaturperiode umsetzen lässt.

FDP

An den Hochschulen ist durch die Vorgaben des § 4 Absatz 1 LHG vorgezeichnet, dass bei der Wahrnehmung aller Aufgaben die tatsächliche Durchsetzung der Chancengleichheit von Frauen und Männern zu fördern und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken ist. Damit dieser Anspruch Realität werden kann, wollen wir mit der notwendigen Flexibilität zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf beitragen. Um künftig zu verhindern, dass hoch qualifizierte und hervorragend geeignete Akademiker der Wissenschaft verloren gehen, müssen nach Ansicht der FDP vor allem Angebote zur Kinderbetreuung für wissenschaftliches Personal weiter bedarfsgerecht ausgebaut und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch mit modernen Arbeitsmodellen unterstützt werden. Daneben sorgt die gesetzliche Etablierung des sogenannten Kaskadenmodells, wonach der Anteil der Frauen auf einer bestimmten wissenschaftlichen Karrierestufe den Zielwert für die nächsthöhere Karrierestufe darstellt, in der jüngsten LHG-Novelle hoffentlich für die gewünschte Angleichung.

DIE LINKE

Entscheidend für eine gestiegene Familienfreundlichkeit ist die Entprekarisierung, d.h. die Schaffung von Planbarkeit und Verlässlichkeit wissenschaftlicher Beschäftigung sowie der Ausbau von Kinderbetreuung von Hochschulen, Universitäten und wissenschaftlichen Einrichtungen. Da wissenschaftliche Tätigkeit immer wieder bedingt durch Fristen und wissenschaftliche Konferenzen außerhalb klassischer Kernarbeitszeiten und an Wochenenden stattfindet, müssen Angebote der Kinderbetreuung auch für solche Fälle flexibel bleiben und darauf reagieren können. Zudem müssen verbindliche Maßnahmen für einen geschlechtergerechten Hochschulbetrieb und gegen die Diskriminierung von Frauen getroffen werden. Hierfür fordern wir u.a. an die jeweilige Fachrealität angepasste Geschlechterquoten gemäß eines Kaskadenmodells sowie eine bessere Finanzierung und Ausstattung der Gleichstellungsbüros. Es darf nicht sein, dass in Paarbeziehungen zwecks Familiengründung einer der beiden Partner*innen auf seine Karriere verzichten muss.

11. Welche Maßnahmen schlagen Sie darüber hinaus vor, um die Attraktivität des Wissenschaftsstandorts Baden-Württemberg weiter zu steigern?

GRÜNE

Starke Hochschulen und überregional bedeutende außeruniversitäre Forschungseinrichtungen sind unsere Markenzeichen – und das soll so bleiben! Darum wollen wir einen „Dialogprozess Zukunftslabor Hochschule“ etablieren. Im Anschluss daran wollen wir die Hochschulgesetzgebung, Karrierewege und landesweite Vorgaben für die Lehre entsprechend weiterentwickeln. Wir unterstützen zudem eine Modellhochschule dabei, mit neuen Lehr-, Forschungs- und Governancekonzepten zu experimentieren und diese ganzheitlich umzusetzen. Darüber hinaus verpassen wir Studium und Lehre mit einer „Landesstrategie für digitale Lehre“ ein digitales Update. Wir sorgen dafür, dass sich die Hochschulen weiter für die Gesellschaft öffnen: Wo dies noch nicht der Fall ist, wollen wir Diversität, Inklusion sowie Barrierefreiheit in die Hochschulen tragen.

CDU

Die CDU will mit einer Hightech-Agenda dafür sorgen, dass der Wissenschaftsstandort Baden-Württemberg weiter an Innovationskraft gewinnt. Schlüsseltechnologien und Zukunftsfelder wie Maschinelles Lernen, Quantentechnologie sowie Bio- und Lebenswissenschaften wollen wir mit einem Zukunftsprogramm von 500 Millionen Euro gezielt fördern und ausbauen. Darüber hinaus wollen wir für öffentliche Forschungsdrittmittel einen lnfrastrukturzuschlag des Landes in Höhe von 20 Prozent einführen.

Die CDU will zudem mit einer Digitalisierungspauschale von 40 Millionen Euro pro Jahr die Hochschulen im Land fit für die Zukunft machen und die digitale Lehre stärken. Die Pauschale soll entsprechend den Studierendenzahlen an den einzelnen Hochschulen ausgezahlt werden.

Außerdem wollen wir bessere Bedingungen für Unternehmensgründungen aus der Wissenschaft erreichen. Hierzu werden wir einen Zukunftspakt mit Experten in Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft zur Stärkung von Innovation und Transfer vereinbaren. Daneben braucht jede baden-württembergische Hochschule möglichst schnell ein professionelles Gründerzentrum, das junge Forscherinnen und Forscher auf dem Weg zum nächsten Weltmarktführer begleitet. Dabei bedarf es auch neuer Lehrformate, Raumkapazitäten und der Möglichkeit, Einrichtungen der Hochschulen bis zu zehn Jahre weiternutzen zu können. Zudem wollen wir eine Transfergesellschaft einrichten, die Unternehmens-Ausgründungen aus den Hochschulen professionell begleitet und unterstützt.

SPD

Wir wollen die Studiengebühren abschaffen und so die Hochschulen im Land wieder attraktiver machen für internationale Studierende. Auch soll die digitale Ausstattung der Hochschulen verbessert werden, insbesondere bei der Lehre.

Zudem wollen wir KI-Forschungszentren im Umfeld von Hochschulen und Wissenschaftsclustern über das Land verteilen und damit die Voraussetzung für die Gründung weiterer CyberValley-Regionen schaffen, von denen besonders kleine und mittlere Unternehmen im Technologietransfer profitieren. Wir müssen die KI-Forschung weiter vorantreiben, ohne dabei ethische und gesellschaftliche Aspekte aus den Augen zu verlieren.

AFD

Was Forschungsinfrastrukturen, Lehrbedingungen oder Gehälter angeht, können wir mit den großen US-Universitäten und auch den Universitäten in der Schweiz nicht mithalten. Hinzu kommen Arbeitsbedingungen, die nicht unbedingt als attraktiv angesehen werden, wie befristete Stellen und deutlich schlecht bezahlte Stellen. Auch bei der Familienfreundlichkeit hinkt Deutschland hinterher. Universitäten im Ausland bieten den Wissenschaftlern ein Forschungsumfeld, das sie hier in Deutschland niemals finden können. Das betrifft sowohl die finanzielle Seite als auch die Forschungsmöglichkeiten und auch die Leute, die da sind. Das muss ein wohlhabendes Bundesland wie Baden-Württemberg auch können.

FDP

Die baden-württembergische Hochschullandschaft zeichnet sich durch ihre regionale und fachliche Vielfalt aus und die Profile unserer Forschungseinrichtungen reichen von der klaren Anwendungsorientierung bis hin zu den aktuellen Grenzen unserer Wissensgrundlagen. Um die hervorragende Qualität und Attraktivität des Wissenschaftsstandortes Baden-Württemberg zu sichern wollen wir die Freiheit von Forschung und Lehre mit Nachdruck verteidigen und den Hochschulen eine sehr gute und zuverlässige Finanzierung gewährleisten, die auch die Forschung umfasst. Wir wollen ein forschungs- und technologiefreundliches Klima im Land schaffen und die Rahmenbedingungen für den wissenschaftlichen Nachwuchs verbessern, um exzellente Köpfe im Land zu halten.

DIE LINKE

Die Qualifikation für wissenschaftliche Beschäftigung beginnt bereits im Studium und möglichst viel internationaler wissenschaftlicher Austausch ist einer der Schlüssel für gute und innovative Wissenschaft. Die Einführung von Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer*innen hat viele internationale Studierende abgehalten in Baden-Württemberg zu studieren und damit den internationalen Austausch im Studium beschädigt. Künftige Wissenschaftler*innen lernen zudem nicht den Hochschul- und Wissenschaftsstandort Baden-Württemberg kennen. DIE LINKE will deshalb die Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer*innen wie allgemein alle Bildungsgebühren abschaffen.