Mittlerweile ist es gute Tradition, dass die DGJ vor anstehenden Wahlen von Parteien mit realistischen Chancen auf einen Einzug ins Parlament deren Positionen in Form von Wahlprüfsteinen abfragt. Anfang Mai steht die Landtagswahl in Schleswig-Holstein an. Wir haben CDU, SPD, die Grünen, FDP, die Linke, die AfD und den SSW angefragt.
Die Parteien CDU, SPD, Bündnis 90/Die GRÜNEN, FDP und SSW haben sich in diesem Jahr auf ein gemeinsames Verfahren zur Beantwortung der Wahlprüfsteine inkl. gemeinsamer Deadline verständigt und wir als DGJ haben unsere Anfrage leider zu spät verschickt – auch weil wir als deutschlandweit tätiger Verein erst im Nachhinein von dieser Vereinbarung erfahren haben.
Von den Linken und der AfD, die nicht an dem gemeinsamen Verfahren zur Beantwortung der Wahlprüfsteine beteiligt sind, haben wir keine Antworten erhalten.
Überraschenderweise haben sich die FDP und die CDU dennoch mit ihren Antworten auf unsere Fragen gemeldet, die wir im Folgenden wiedergeben und auswerten wollen.
Wie leider vermehrt zu beobachten, bleiben FDP und CDU in ihren Antworten auf unsere Fragen vielfach sehr vage.
In Bezug auf die Finanzierung gilt für die CDU das Motto ‚Weiter so!‘, auch wenn erkannt wurde, dass „Digitalisierung, KI und Nachhaltigkeit […] erhebliche zusätzliche Ressourcen [erfordern]“, soll nur die jährliche Mittelsteigerung fortgesetzt werden, obwohl die bisherigen Mittel schon nicht für eine auskömmliche Finanzierung reichen. Für die FDP ist es wichtig, dass sich der Bund stärker an der Finanzierung beteiligen soll und dass es eine „aufgabengerecht[e] schrittweise [Anhebung]“ gibt, aber welche Aufgaben hierzu zählen und wie hoch die Anhebung ausfällt, dazu schweigt die FDP leider.
Für die nächste Runde der Exzellenzinitiative möchte die FDP die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel angemessen fördern und betont vor allem nötige strukturelle Veränderungen. Davon hatten die Hochschulen in den letzten Jahren sicherlich schon sehr viele, ob das wirklich hilfreich ist?
Die CDU möchte hier gleich „eine Landesexzellenzstrategie entwickeln und dafür ein Budget einrichten“ und will zusätzlich „[p]rivate Unternehmen […] als Partner für eine stärkere Förderung“;gleichzeitig soll die Grundausstattung nicht „darunter […] leiden“. Es wird spannend sein, wie die CDU es schaffen will, dass durch diese Art der Förderung nicht nur wirtschaftliche Interessen, sondern auch langfristige gesellschaftliche Interessen bedient werden und somit auch industrie-ferne Fächer erhalten bleiben.
Zur aktuellen Diskussion um das Wissenschaftszeitvertragsgesetz und die dazu vor allem von #IchBinHanna geäußerte Kritik, sagen beide Parteine, dass sie mehr dauerhafte Beschäftigungsverhältnisse schaffen wollen, indem „Hochschulen […] mehr Autonomie [zugestanden werden soll]“ (FDP) bzw. indem „die Ergebnisse der Evaluierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes […] sorgfältig [geprüft werden]“ (CDU). Aber was heißt das genau? Gibt es mehr Stellen für den Mittelbau, werden Qualifizierungsstellen auskömmlich finanziert? Ideen liefern die Parteien hierzu leider nicht.
Auch zum gerade für Schleswig-Holstein wichtigen Punkt der grenzüberschreitenden Hochschulkooperation sagen beide Parteien nur, dass sie Kooperationen „im internationalen Umfeld […] verbessern [wollen]“ (FDP) bzw. „grenzüberschreitenden Herausforderungen für Wirtschaft, Forschung und Hochschulausbildung angehen [wollen]“ (CDU). Auch hier lassen beide Parteien konkrete Umsetzungsideen missen.
Einzig zum Thema Familienfreundlichkeit liefert die FDP eine konkrete Maßnahme: „[D]urch eine entsprechende Anpassung der LVVO „[i.e. Lehrverpflichtungsverordnung]“ vor allem mit Blick auf die Fachhochschulen [sollen] die Arbeits- und Lehrbedingungen schrittweise [verbessert werden]“.
Hier finden Sie nun die ausführlichen Antworten der CDU und FDP auf unsere Fragen:
Frage 1: Ist der Finanzierungsschlüssel für Universitäten, Fachhochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen in Schleswig-Holstein noch zeitgemäß? Inwiefern ist die Finanzierung von Lehre und Forschung – trotz pandemiebedingter Haushaltsdefizite – gesichert, sind Kürzungen aus Ihrer Sicht auszuschließen?
FDP: „Wir setzen uns für eine Qualitätsoffensive in der Hochschullehre ein. Dabei muss der Bund sich in substanzieller Höhe mit Mittelzuweisungen beteiligen, gerade bei Vorhaben wie der Digitalisierung. Wir planen, die finanzielle Ausstattung unserer Hochschulen zu verbessern, indem wir die Grundfinanzierung der Hochschulen aufgabengerecht schrittweise anheben.“
CDU: „Ja. Die Hochschulbudgets werden in der Grundfinanzierung weiterhin verlässlich wachsen, Kürzungen stehen nicht an. Insbesondere Digitalisierung, KI und Nachhaltigkeit erfordern erhebliche zusätzliche Ressourcen. Wir werden daher die jährliche Mittelsteigerung fortsetzen.“
Frage 2: Wie wollen Sie den Spagat schaffen zwischen einer verbesserten Grundausstattung für alle Hochschulen und einer angemessenen Förderung im Falle einer Beteiligung der Universität Kiel an der Exzellenzstrategie des Bundes?
FDP: „Für eine erfolgreiche Bewerbung der CAU braucht es neben finanziellen Mitteln unter anderem auch strukturelle Verbesserungen, bspw. bei der internationalen Ausrichtung. Wir werden uns für eine weitere Bewerbungsrunde der CAU einsetzen und diese in Absprache mit der Hochschule und dem Wissenschaftsministerium angemessen fördern.“
CDU: „Zur Förderung der Spitzenforschung werden wir eine Landesexzellenzstrategie entwickeln und dafür ein Budget einrichten. Private Unternehmen sehen wir als Partner und werden uns für eine stärkere Förderung durch diese einsetzen. Die Grundausstattung der Hochschulen wird darunter nicht leiden.“
Frage 3: Wie bewerten Sie die Pluralität von Karrierewegen auf dem Weg zu einer Lebenszeitprofessur (Habilitation, Junior- und Tenure-Track-Professur oder Nachwuchsgruppenleitung)?
FDP: „Wir wollen uns dafür einsetzen, dass es flexible Karrierewege an den Hochschulen gibt. Hierbei ist es wichtig, dass es planbare und verlässliche Karrierewege gibt, die für eine solide und gesicherte Anstellung sorgen. Wir erachten dies als einen zentralen Punkt, um Hochschulen im nationalen, aber vor allem internationalen Umfeld attraktiver zu machen.“
CDU: „Ja, wir unterstützen mehrere Wege. Wir haben mit der Hochschulgesetznovelle Tenure-Track-Professoren erstmals gesetzlich normiert und Ausschreibungsverzicht bei deren Besetzung erleichtert. Nachwuchswissenschaftler*innen soll eine verlässliche wissenschaftliche Perspektive ermöglicht werden.“
Frage 4: Halten Sie die Einführung von Tenure-Track-Professuren für ein wirksames Mittel, um nachhaltigere Personalstrategien an Universitäten zu etablieren? Falls ja, planen Sie eine Fortsetzung des Bund-Länder-Programms? Falls nein, welche Maßnahmen halten Sie für effektiver?
FDP: „Wir unterstützen den Ansatz, der mit Tenure-Track-Professuren beschritten wird, und werden diesen weiter unterstützen. Wir wollen sowohl die Grundlagen- als auch Spitzenforschung stärken. Dies kann nur gelingen, wenn qualifiziertes Personal attraktive Anstellungsmöglichkeiten vorfindet und langfristige Perspektiven durch die Hochschulen aufgezeigt werden können.“
CDU: „Ja, beides unterstützen wir und wollen es gern fortsetzen.“
Frage 5: Wie zeitgemäß ist das Wissenschaftszeitvertragsgesetz, das ja im Rahmen von
#IchbinHanna scharf kritisiert wurde? Welche Punkte sollten Ihrer Meinung nach ggf. novelliert werden? Wie planen Sie sich hier als Bundesland einzubringen?
FDP: „Wir wollen den Hochschulen bei den zentralen Themen Bau, Finanzen und Personal mehr Autonomie zugestehen. Wir setzen uns dafür ein, dass die Entfristungsquote gesteigert wird, um allen an einer Hochschule Beschäftigten verlässlichere Rahmenbedingungen bei der Anstellung zu geben. Dies ist ein wesentlicher Teil, um Hochschulen als Arbeitgeber attraktiver zu machen.“
CDU: „Wir wollen Nachwuchswissenschaftler*innen nach der Qualifizierungsphase mehr Planungssicherheit geben und haben einen Schwerpunkt darauf gesetzt, mehr dauerhafte Beschäftigungsverhältnisse zu schaffen. Die Ergebnisse der Evaluierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes werden wir sorgfältig prüfen.“
Frage 6: Wie lassen sich aus Ihrer Sicht familienfreundliche Rahmenbedingungen für die Wissenschaft schaffen?
FDP: „Wir wollen die Arbeits- und Lehrbedingungen schrittweise verbessern, z.B. durch eine entsprechende Anpassung der LVVO vor allem mit Blick auf die Fachhochschulen. Wir setzen uns für ein[sic!] bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie und moderne, flexible Karrierewege ein. Auch für die Lehrbeauftragten und die wissenschaftlichen Hilfskräfte wollen wir die Bedingungen verbessern.“
CDU: „Es bedarf weiterer Anstrengungen im Rahmen des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes, der Forschungsförderung (z.B. Forschungsrahmenprogramm der EU), einer Umsetzung des forschungsorientierten Gleichstellungsstandards der DFG sowie einer verstärkten Zertifizierung von Hochschulen als familienfreundlich.“
Frage 7: Wollen Sie den Forschungsaustausch zwischen Schleswig-Holstein und Dänemark ausbauen? Wie wollen sie ggf. grenzüberschreitende Hochschulkooperationen aufbauen und fördern?
FDP: „Unser Ziel ist es, Forschungskooperationen, besonders im norddeutschen und Ostseeraum, besonders zu fördern und den Wissens- und Technologietransfer in die Gesellschaft hinein und im internationalen Umfeld zu verbessern. Wir wollen die Internationalisierung sowie Kooperationen mit der Wirtschaft und gesellschaftlichen Akteuren und Institutionen auf allen Ebenen fördern.“
CDU: „Wir wollen die Kooperation mit dänischen Hochschulen und Forschungseinrichtungen vertiefen. Die dänisch- deutsche Entwicklungsallianz wollen wir mit Leben füllen, die Hansebelt-Region stärken und dabei die grenzüberschreitenden Herausforderungen für Wirtschaft, Forschung und Hochschulausbildung angehen.“
Frage 8: Welche Maßnahmen schlagen Sie darüber hinaus vor, um die Attraktivität des Wissenschaftsstandorts Schleswig-Holstein weiter zu steigern?
FDP: „Wir wollen die Hochschulautonomie stärken, um die Profilbildung der Hochschulen zu unterstützen. Digitalisierung und Hochschulbau benötigen langfristige Investitionen. Wir wollen die Talentförderung verbessern, Ausgründungen erleichtern und gegen die hohen Abbrecherquoten im MINT-Bereich ein Orientierungssemester anbieten sowie das BAföG elternunabhängig gestalten.“
CDU: „Aussichtsreiche Exzellenzprojekte früh fördern, Zukunftsinnovationsagentur einrichten, Hubs ausbauen, Digitalisierung vorantreiben. Mehr Hochschulautonomie: mehr Eigenverantwortlichkeit, Flexibilität bei der Personalgewinnung, die Bauherreneigenschaft einführen, Wirtschaftskooperation stärken.“