Studie: Die Zwischenevaluation bei der Juniorprofessur – eine Bestandsaufnahme

Im Juli 2016 hat die Deutsche Gesellschaft Juniorprofessur (DGJ) eine Umfrage durchgeführt, die sich an Wissenschaftler_innen in frühen Karrierestufen richtete. Schwerpunkt der Umfrage war die Zwischenevaluation, die vor allem bei der Juniorprofessur (mit und ohne Tenure-Track bzw. Tenure-Option) und dort in der Regel im dritten Jahr vorgesehen ist und eine Verlängerung der Amtszeit legitimiert. Unser Ziel war es, Unterschiede bei der Umsetzung der Zwischenevaluation an unterschiedlichen Universitäten zu erfassen und dazu die Meinung der Nachwuchswissenschaftler_innen zu erheben. Diese Einschätzungen können im Hinblick auf die Ausgestaltung von Evaluationsmechanismen bei der Weiterentwicklung und Neukonzeption von Karrierewegen in der Wissenschaft wichtige Impulse darstellen, insbesondere vor dem Hintergrund des aktuellen Tenure-Track-Programms von Bund und Ländern. Über den Themenschwerpunkt zur Zwischenevaluation hinaus wurden auch weitere Einschätzungen zur Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses erfragt.

Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Studie

Insgesamt haben 501 Teilnehmerinnen und Teilnehmer den Fragebogen beendet. Eine Mehrheit (60,48 %) bezog sich dabei auf die Erfahrungen in einer Juniorprofessur (W1, ohne Tenure). Immerhin 20,16 % der befragten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gaben an, eine W1-Juniorprofessur mit Tenure-Track oder Tenure-Option inne zu haben oder gehabt zu haben. Eine Stelle als Nachwuchsgruppenleiter_in (z. B. Emmy-Noether-Programm) traf auf 6,39 % zu. Vereinzelt nahmen auch Stelleninhaber_innen von befristeten W2/W3-Professuren teil (3,8 %). Wenn die Teilnehmer_innen bereits mehr als eine der in Tabelle 1 dargestellten Stellenarten innehatten, sollten sie diejenige Stelle auswählen, in der sie die meisten Erfahrungen gesammelt hatten bzw. derzeit sammeln. Es wurde abgefragt, ob die Teilnehmer_innen noch in dieser Stelle tätig sind, um zwischen aktuellen (70,7%) und ehemaligen Stelleninhaber_innen (29,3%) zu unterscheiden (z. B. bei der Zufriedenheit).

Stellenkategorie Anzahl Anteil
Nachwuchsgruppenleiter_in 32 6,39%
Juniorprofessor_in (W1) 303 60,48%
Juniorprofessor_in (W1) mit Tenure-Option 36 7,19%
Juniorprofessor_in (W1) mit Tenure-Track 65 12,97%
Befristete/r W2-/W3-Professor_in 9 1,80%
Befristete/r W2-/W3-Professor_in mit Tenure-Option 3 0,60%
Befristete/r W2-/W3-Professor_in mit Tenure-Track 7 1,40%
Sonstige 46 9,18%
501 100,00%

Zufriedenheit

Auf die Frage nach der Zufriedenheit mit der persönlichen und beruflichen Situation ist eine deutliche Abhängigkeit von einer Tenure-Track-Perspektive zu erkennen. Während sich bei den aktuell befristet Beschäftigten ohne Tenure-Track nur 50 % als zufrieden oder sehr zufrieden bezeichnen, liegt dieser Anteil bei denen mit Tenure-Track mit 64 % deutlich höher. Unter den Ehemaligen ist diese Abhängigkeit vom Vorhandensein einer Tenure-Track-Perspektive unverändert vorhanden, der Anteil der Zufriedenen liegt mit 69 % bzw. 88 % aber deutlich höher.

Zwischenevaluation

Knapp 88 % der Teilnehmer_innen gaben an, dass bei ihrer Stelle eine Zwischenevaluation nach einem Teil der vorgesehenen Dienstzeit erfolgt bzw. erfolgt ist. Eine deutliche Mehrheit empfindet den für die Zwischenevaluation erforderlichen Aufwand als angemessen, immerhin ein knappes Viertel der Teilnehmer_innen aber sieht den Aufwand als zu hoch an.

Gleichzeitig wird der Evaluationsprozess mehrheitlich als intransparent wahrgenommen. Nur 36 % der Teilnehmer_innen waren der Auffassung, dass die Kriterien transparent seien. Die Zahl derer, die vor Dienstantritt die Kriterien selbst aushandeln konnten, liegt mit gut 15 % nochmals deutlich niedriger. Die mangelnde Transparenz spiegelt sich auch darin wider, dass nur gut die Hälfte der Befragten angab, von publizierten Richtlinien der eigenen Universität zu wissen.

Faktisch umfasst die Zwischenevaluation in aller Regel einen Selbstbericht (97 %) und externe Gutachten (92 %). Ungefähr die Hälfte der Umfrageteilnehmer_innen darf selbst Gutachter vorschlagen. Neben dem Fachbereich (73 %) geben bei 40 % der Befragten auch Vertreter_innen der Studierenden eine Stellungnahme für die Zwischenevaluation ab.

Evaluationskriterien

Um die inhaltliche Einschätzung der Teilnehmer_innen zu ihrer Zwischenevaluation zu erfassen, fragten wir die wahrgenommene Relevanz von 14 vorgegebenen Evaluationskriterien ab. Diese sollte auf einer Skala von 1 (gar nicht wichtig) bis 5 (äußerst wichtig) bewertet werden. Die Anzahl der Publikationen wird dabei mit einem Mittelwert von 4,2 als besonders wichtig eingeschätzt, genau wie Publikationserfolge in besonders angesehenen Publikationsorganen (Mittelwert 3,8). Weiterhin werden die Summe der eingeworbenen Drittmittel (3,6), die internationale Sichtbarkeit (3,3), die Vernetzung innerhalb des Fachbereichs und der Universität (3,1), sowie die Reputation der Fördermittelgeber eingeworbener Drittmittel (3,0) als wichtige Evaluationskriterien angesehen. Dem Engagement in der Lehre (Umfang, Lehrevaluationen, Anzahl der betreuten Abschlussarbeiten) wird eine untergeordnete Rolle beigemessen, ebenso wie Kooperationen mit der Wirtschaft oder anderen Forschungsinstituten.

Diagramm: Wichtigkeit der Kriterien der Zwischenevaluation

Bedeutung der Zwischenevaluation

Die Rolle der Zwischenevaluation wird unterschiedlich wahrgenommen. Dass sich eine positive Evaluation auf eine Verstetigung auswirke, bejahten nur acht Teilnehmer_innen (2 %), von denen sieben auch eine Tenure Option bzw. Tenure Track besitzen. Eine Tendenz bezüglich der Verstetigungsaussicht sahen immerhin 10 %. Für die große Mehrheit hat die Zwischenevaluation aber keine Auswirkung auf eine Verstetigung, wie es grundsätzlich auch nicht angedacht war.

Eine steuernde Wirkung nach einem Leistungsprinzip kann bei 318 positiv und drei negativ Evaluierten ebenfalls nicht attestiert werden. Die hohe Positivzahl spiegelt sich auch in der Zwei-Drittel-Zustimmung wider, es müssen ungewöhnliche Dinge passieren, um nicht positiv evaluiert zu werden.

Diagramm: Zustimmung zu Aussagen über die Zwischenevaluation

Die Zwischenevaluation wird zwar im Rückblick mehrheitlich als fair angesehen, bei einer Quote von 99 % positiven Zwischenevaluationen ist es aber dennoch bemerkenswert, dass 13 % die Zwischenevaluation als nicht fair empfanden.

Trotz der außerordentlich hohen Erfolgsquote ist gut die Hälfte der Befragten der Ansicht, dass man mit der erfolgreichen Zwischenevaluation die Berufungsfähigkeit auf eine unbefristete Professur erlangt habe. Eine etwas geringere Zahl (39 %) sieht die erfolgreiche Zwischenevaluation zudem als habilitationsäquivalent an.

Der Zwischenevaluation kommt somit allenfalls eine Art zertifizierende Funktion zu. In Hinblick auf die wahrgenommene Intransparenz und den signifikanten Anteil derer, bei denen die Evaluation mit einem hohen Aufwand einhergeht, halten wir es für überlegenswert, die Kosten-Nutzen-Relation des gegenwärtigen Verfahrens zur Diskussion stellen.

Diagramm: Zwischenevaluation als Zeichen der Berufungsfähigkeit auf Folgeprofessur nach Fachgruppen

Ausstattung und Bedingungen

Im Bereich der Ausstattung zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen Stellen ohne und mit Tenure-Track (TT): 75,4 % der teilnehmenden Juniorprofessor_innen (JP) ohne TT gaben an, über keine Mitarbeiterstellen zu verfügen, bei denjenigen mit TT hingegen sind 34,9 % mit 0,25 bis 1,0 und 28,6 % mit mehr als einer Vollzeitäquivalent-Stelle ausgestattet. Von den teilnehmenden Nachwuchsgruppenleitern sind sogar knapp 71 % mit mehr als einer Vollzeitäquivalent-Stelle ausgestattet. Auch der jährliche Verbrauchsmitteletat unterscheidet sich zwischen Juniorprofessuren mit und ohne Tenure-Track bzw. Option. 13,4 % der JP ohne TT haben weniger als 1.000 € im Jahr zur Verfügung, nur 2,1 % mehr als 20.000 €. Für JP mit TT trifft dies auf 9,8 % zu, wohingegen nur 4,9 % weniger als 1.000€ im Jahr zur Verfügung haben.

Diagramm: Budget für konsumptive Zwecke

Die Frage, ob vor Antritt seitens der Universität Versprechungen gemacht wurden, die im Nachhinein nicht eingehalten wurden, wurde unter den Teilnehmern mit und ohne Tenure-Track-Perspektive jeweils von 10 bis 15 % bejaht. Eine besonders hohe Zustimmungsrate (25 %) zeigt sich allerdings bei den Juniorprofessor_innen mit Tenure-Option. Als Beispiele wurden nicht eingehaltene Versprechungen auf eine Verstetigung bei Vorlage eines externen Rufs und die direkte Personal- und Sachmittelausstattung für die Stelle genannt.

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Kontakt für Rückfragen

Tobias Potthoff, tobias.potthoff@juniorprofessur.org