Wir haben die Parteien mit den höchsten Chancen auf einen Einzug in die nächste Hamburger Bürgerschaft um eine Antwort auf 10 Fragen gebeten, die wir als DGJ für das deutsche Wissenschaftssystem und insbesondere für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler als wichtig erachten.
Die Antworten der Parteien wurden unverändert übernommen. Die Sortierung wurde entsprechend der Reihenfolge auf dem Wahlzettel vorgenommen.
Am 14.02.2020 lagen noch keine Antworten von der AfD vor. Sie werden nachträglich eingestellt, sollten sie noch eingehen.
1) Welche Stärken und Schwächen hat der Wissenschaftsstandort Hamburg und wie kann dessen Attraktivität weiter gesteigert werden?
SPD
Für die weitere Entwicklung unserer Wissenschaftsstadt setzen wir auf eine verstärkte strategische Profil- und Schwerpunktsetzung, um international konkurrenzfähige Forschungsschwerpunkte zu bilden. Dabei unterstützen wir auch eine anwendungsorientierte Spitzenforschung, Kooperationen zwischen den Hochschulen, außer-universitären Forschungseinrichtungen und der Wirtschaft im Rahmen unserer Hamburger Wissenschaftsstrategie, zu der auch das Projekt ahoi.digital gehört, mit dem die Informatik durch mehr Professuren und Studierende gestärkt wird.
Neben der Förderung der Spitzenforschung ist uns die Forschungs- und Fächervielfalt und die Vielfalt unserer Hochschulen wichtig. Mit dem Investitionsprogramm „Wissen schafft Zukunft“ fördern und erhalten wir diese Vielfalt. Und mit der Science City Bahrenfeld gehen wir in Hamburg neue Wege, in dem wir erstmals Forschen, Studieren, Arbeiten und Wohnen in einem ganzheitlichen Stadtentwicklungskonzept umsetzen.
CDU
Hamburg als Wissenschaftsstandort hat viele Stärken und Schwächen. Hamburg hat vier Exzellenzcluster und seit kurzem auch eine Exzellenzuniversität. Das begrüßen wir. Aber: Hamburg muss seinen Hochschulen die Mittel stärker erhöhen als um 0,88 Prozent pro Jahr, damit die Hochschulen über die Inflationsrate nicht kaputtgespart werden. Zudem braucht Hamburg wesentlich mehr Studentenwohnheimplätze. Denn derzeit stehen über 2.000 Interessenten für einen Wohnheimplatz auf der Warteliste des Studierendenwerkes.
GRÜNE
Immer mehr Studierende zieht es in die Wissensmetropole Hamburg, die unter einer Grünen Wissenschaftssenatorin einen enormen Sprung nach vorn gemacht hat: Unsere Universität gehört mit vier Exzellenzclustern zur Liga der deutschen Spitzenuniversitäten. Die Technische Hochschule befindet sich auf einem durchdachten Wachstumskurs und wird sich vor allem in den Zukunftsbereichen Erneuerbare Energien, medizinische Forschung und Luft- und Schifffahrt weiterentwickeln. In der „Science City Bahrenfeld“ entstehen in einem einmaligen Stadtentwicklungsprojekt mit dem Fokus „Wissenschaft“ auf einer Fläche von 125 Hektar neue wissenschaftliche Institute und Einrichtungen, die eng mit bereits bestehenden Forschungseinrichtungen wie DESY vernetzt werden und die Hamburger Wissenschaftslandschaft weiter stärken. Wie in vielen Metropolen sind die Mieten gerade für Studierende auch hier eine Herausforderung, daher wollen wir mit einem Masterplan über 1.400 neue Wohnheimplätze bauen, in die studentische Infrastruktur investieren und so Hamburg als Studienort attraktiv für alle machen.
DIE LINKE
Zu den immer noch nicht behobenen Schwächen gehören auch in Hamburg die Themen mangelnde Grundfinanzierung der Hochschulen zugunsten der Förderung einzelner, sogenannter exzellenter Forschungsbereiche. Durch die kontinuierlich steigende Drittmittelfinanzierung wird die gesellschaftlich wichtige Grundlagenforschung zunehmend durch auf die Interessen großer Unternehmen zugeschnittene Teilbereichsforschung ersetzt. Die Qualität der Lehre nimmt dadurch stetig ab und die Beschäftigungsverhältnisse werden immer prekärer. Unseres Erachtens nach ist eine Wende in der Hochschulfinanzierung zugunsten des grundständigen Betriebs, statt einseitiger Förderung von „Leuchtturmprojekten“ dringend geboten.
FDP
Die Stärke des Hamburger Wissenschaftsstandorts sind seine klugen Köpfe. In Hamburg gibt es viele ausgezeichnete Forschungseinrichtungen und Forschungsvorhaben und viele hochengagierte Menschen in Forschung und Lehre. Wir wollen diesen Forschungsvorhaben die besten Rahmenbedingungen geben, indem wir den größten Mangel – die fehlende Vernetzung – beheben. Wir wollen dafür sorgen, dass Hamburg zum Herzen einer norddeutschen und nordeuropäischen Innovationsregion wird. Und das erreicht man nur, wenn Programme wie HOOU nicht an der Landesgrenze enden oder nicht die richtigen Schnittstellen anbieten. Wir wollen Vernetzung sowohl innerhalb Hamburgs als auch über die Landesgrenze hinaus digital und analog fördern. Eine großangelegte Studie im Auftrag der Akademie der Wissenschaften hat ganz aktuell gezeigt, dass die Metropolregion Hamburg im direkten Vergleich mit anderen Metropolregionen stark zurückfällt. In den aus den Ergebnissen des Vergleichs abgeleiteten Handlungsempfehlungen nehmen eine stärkere finanzielle Förderung der Wissenschaft in der gesamten Breite, insbesondere im naturwissenschaftlich‐technischen Bereich, und eine bessere Vernetzung von Wissenschaft und Wirtschaft als absolut notwendig erachtet. Wir schließen uns dieser Diagnose ausdrücklich an und setzen uns dafür ein, dass entsprechende Maßnahmen zügig umgesetzt werden, um ein weiteres Zurückfallen des Hochschulstandorts zu verhindern.
AFD
Bislang haben wir noch keine Antwort erhalten.
2) In welchem Umfang sollen Universitäten, Fachhochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen in Hamburg in der nächsten Legislaturperiode gefördert werden?
SPD
Die Verhandlungen zu den neuen Hochschulvereinbarungen ab 2021 sind derzeit noch nicht abgeschlossen. Wir sind der Ansicht, dass die Grundfinanzierung erhöht werden muss. Orientierungsmarke für die Untergrenze ist die Inflationsrate. Die Höhe der Grundausstattung steht für uns auch in einem engen Zusammenhang mit den Zielen und Entwicklungsperspektiven, die die Hochschulen verfolgen und die selbst Gegenstand der Verhandlungen sind.
CDU
Im Gegensatz zu den letzten Jahren unter Rot-Grün fordern wir eine Erhöhung der Grundfinanzierung der Hochschulen von 3 Prozent jährlich. Zudem müssen die BAföG-Millionen, die vom Bund übernommen werden, den Hochschulen zusätzlich zur Verfügung gestellt werden und dürfen nicht im Haushalt versickern.
GRÜNE
Ende dieses Jahres laufen die Hochschulvereinbarungen aus und werden derzeit neu verhandelt. Wir wollen, dass die Mittel in Zukunft deutlich über den Steigerungsraten der laufenden Hochschulvereinbarungen liegen und die Hochschulen sich auf langfristige Zusagen verlassen können. Mit den Hochschulen sollen Vereinbarungen geschlossen werden, die neben individuellen Zielen auch hochschulübergreifende Projekte definieren, um Kooperationen und Synergieeffekte zu fördern. Für eine zweckgebundene Grundfinanzierung über der Inflations- und Tarifsteigerungsrate setzen wir uns ein.
DIE LINKE
DIE LINKE fordert eine Dynamisierung der Grundfinanzierung der Hamburger Hochschulen um jährlich 3,5 Prozent, in der Erwartung, dass diese Mittel gerade auch der Lehre zugutekommen und zu einem Abbau prekärer Beschäftigungsverhältnisse an den Hochschulen führen. Mit dem Zukunftsvertrag wird den Hochschulen auch von der Seite des Bundes mehr Geld zur Verfügung stehen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass diese Mittel für die Entfristung von Beschäftigungsverhältnissen genutzt werden.
FDP
Die Grundfinanzierung der Hochschulen wird derzeit lediglich um 0,88 % pro Jahr erhöht. Dies stellt nicht einmal einen Inflationsausgleich dar – eine faktische Kürzung. Gleichzeitig sinkt der Anteil der Länderfinanzierung in vielen Bereichen, Hamburg macht sich also zunehmend abhängig von Bundesmitteln. Wenn wir Hamburg zu einer Metropole des Wissens machen wollen, müssen wir die landesseitige Finanzierung der Hochschulen verlässlich stärken. Dabei wollen wir auch private Hochschulen stärker als bislang berücksichtigen und eine Förderung analog zum Hochschulpakt entwickeln. Bundesmittel, die für die Wissenschaft vorgesehen sind, müssen auch tatsächlich in diesen Bereich investiert werden. Eine Zweckentfremdung wie bei den BAföG‐Millionen lehnen wir ab.
Der große Erfolg der Universität Hamburg im Rahmen der Exzellenzinitiative des Bundes geht nicht auf eine Aktivität des Senats zurück, sondern auf die Eigenleistung der Universität Hamburg. Dieser Erfolg muss nun als Impuls genutzt werden, der auch von Seiten des Senats aktiv aufgegriffen wird. Der Bund hat bei der Vergabe der Exzellenzcluster die Anzahl der Cluster kurzfristig erhöht, ohne die Gesamtfördersumme anzuheben. Wir setzen uns dafür ein, die daraus resultierende Minderförderung auszugleichen.
AFD
Bislang haben wir noch keine Antwort erhalten.
3) Mit Habilitation, Junior- und Tenure-Track-Professuren, Nachwuchsgruppenleitungen und weiteren Stellenkategorien gibt es eine wachsende Heterogenität wissenschaftlicher Karrierewege innerhalb Hamburgs sowie zwischen den Bundesländern. Wie bewerten Sie diese Entwicklung?
SPD
Wir begrüßen diese Entwicklung. Sie zeigt, wie vielfältig Wissenschaft selbst und die Wege in die Wissenschaft sein können. Für die Hamburger Hochschulen setzen wir im Rahmen des Code of Conduct darauf, die Personalpolitik an den Hochschulen insgesamt so zu gestalten, dass Karrierewege in die Wissenschaft durch faire und attraktive Arbeitsbedingungen abgesichert werden.
CDU
Die CDU beharrt auf die Hoheit der Länder und die Autonomie der Hochschulen bei der Ausgestaltung von Karrierewegen an Hochschulen. Unabhängig davon unterstützen wir das von der CDU-geführten Bundesregierung 2016 beschlossene Programm zur Verstetigung von Tenure-Track-Professuren, um verlässliche Strukturen und Planungssicherheit für den wissenschaftlichen Nachwuchs zu verbessern.
GRÜNE
Für uns gehören zur exzellenten Forschung faire und attraktive statt prekäre Arbeitsbedingungen an den Hochschulen, daher wollen wir die Attraktivität der Hochschulen für herausragende Mitarbeiter*innen stärken und durch eine größere Anzahl von Dauerstellen für wissenschaftliche Mitarbeiter*innen die bessere Erfüllung von Daueraufgaben in Forschung und Lehre ermöglichen. Um die Karrierewege von Jungwissenschaftler*innen zu verbessern und den akademischen Mittelbau zu stärken, befürworten wir die Einrichtung eines zusätzlichen akademischen Laufbahnwegs, indem neue unbefristete Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiter*innen geschaffen werden. Für Studierende, die an den Hochschulen arbeiten, möchten wir u.a. einheitliche Verträge über Arbeitsbedingungen und Entlohnung ermöglichen. Promovend*innen wollen wir bereits während der Promotionstätigkeit auf Tätigkeiten im Anschluss vorbereiten, u.a. sollen mehr Informations- und Unterstützungsangebote zur weiteren Berufslaufbahn inner- oder außerhalb des Hochschulbereichs durch die Hochschulen oder auch die Hamburg Research Academy sowie weitere Akteure entwickelt werden. Die Geschlechtergerechtigkeit bei Promovend*innen soll darüber hinaus verbessert werden. Es mangelt heute vielerorts an unbefristeten Positionen zwischen Promotion und Professur. Sowohl die Hochschulen als auch die betroffenen Jungwissenschaftler*innen leiden unter der Situation: die Hochschulen wegen des Mangels an kompetenten wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen für Daueraufgaben, hochqualifizierte Wissenschaftler*innen nach der Postdoc-Phase wegen des Fehlens von attraktiven und verlässlichen Laufbahnmöglichkeiten.
DIE LINKE
Die Bemühungen der Hochschulen, die Karrierewege der Professuren zu flexibilisieren und zu vereinfachen, begrüßen wir. Allerdings muss schon auf dem Weg zur Promotion, im akademischen Mittelbau, angesetzt werden. Die schon angesprochene Abhängigkeit von Drittmitteln ebenso wie die chronische Unterfinanzierung führen zu Kettenverträgen, die den Beschäftigten meist gar keine Zeit für eine eigene Weiterqualifikation lassen und in dem Zuge wird die Förderung des eigenen wissenschaftlichen Nachwuchses untergraben. Vor diesem Hintergrund be-gleiten wir die Umsetzung der Rahmenvorgaben des Code of Conduct für gute Arbeit in der Wissenschaft weiterhin kritisch. DIE LINKE plädiert für alternative Karrierewege auch jenseits der Professur.
FDP
Die Heterogenität ist das Ergebnis der dezentral und jeweils nur auf Landesebene organisierten Wissenschaftspolitik. Eine Möglichkeit, für länderübergreifende Chancen der Hochschulmitarbeiter zu sorgen ist die in Frage 1 angesprochene Vernetzung. Davon abgesehen muss Hamburg aber darauf achten, im Wettbewerb, um die besten Köpfe nicht hinterherzuhinken. Wir sind der Ansicht, dass auf den Erfolgen bei der Einwerbung von Tenure‐Track Professuren aufgebaut und entsprechend verstärkt auf den Ansatz Tenure‐Track gesetzt werden sollte (siehe Antwort zum Nachwuchs‐Pakt).
AFD
Bislang haben wir noch keine Antwort erhalten.
4) Welchen Stellenwert sollte die Habilitation in Zukunft innerhalb des Hamburger Hochschulsystems einnehmen?
SPD
Die Habilitation ist in vielen Disziplinen nach wie vor der wesentliche Schritt auf dem Weg zur Qualifikation für eine Professur. Das Konzept der kumulativen Habilitation wird inzwischen in einigen Fachdisziplinen praktiziert und stellt aus unserer Sicht eine interessante Alternative zum „zweiten großen Buch“ dar. Das Konzept der Juniorprofessur eröffnet darüber hinaus einen alternativen Weg zur Professur ohne Habilitation. Im Rahmen von Berufungsverfahren dürfen keine Nachteile entstehen, wenn jemand diesen alternativen Karriereweg gewählt hat.
CDU
An den Universitäten sollen Habilitationen die wesentliche Grundlage der Berufung der Professoren bleiben.
GRÜNE
siehe Antwort zu Frage 3
DIE LINKE
Die Habilitation ist eine von mehreren Wegen, seine Befähigung für die Berufung auf eine Professur nachzuweisen. Sie sollte als eine von mehreren Möglichkeiten weiter erhalten bleiben.
FDP
Grundsätzlich ist die Wertschätzung der Freien Demokraten gegenüber der Habilitation sehr hoch. Allerdings halten wir es für sinnvoll, es auch den Hochschulen zu überlassen, alternative Kriterien zu entwickeln.
AFD
Bislang haben wir noch keine Antwort erhalten.
5) Soll es weiterhin befristete Juniorprofessuren (bzw. vergleichbare Positionen nach der Promotion) ohne Tenure Track in Hamburg geben?
SPD
Mit der Reform des Hamburgischen Hochschulgesetzes haben wir die rechtliche Grundlage für Tenure-Track-Professuren an den Hamburgischen öffentlichen Hochschulen gelegt. Wir haben ein großes Interesse daran, möglichst vielen hochqualifizierten Menschen die Möglichkeit zu bieten, sich für eine wissenschaftliche Karriere zu qualifizieren. Dazu gehören auch Juniorprofessuren ohne Tenure Track oder vergleichbare Positionen, die eine Qualifikation ermöglichen, um sich anschließend im Wissenschaftsbetrieb weiter zu bewerben.
CDU
Ja, die Hochschulen sollen die Möglichkeit behalten, befristete Juniorprofessuren ausschreiben zu können, wenn es aus ihrer Sicht zwingend notwendig ist. Unabhängig davon strebt die CDU im Zuge des Code of Conduct an, möglichst viele Beschäftigungsverhältnisse an den Hochschulen zu entfristen.
GRÜNE
Wir wollen Jungwissenschaftler*innen alternative Karrierewege ermöglichen. Neben und unterhalb der Professur sollte es mehr Dauerstellen geben. Es mangelt an unbefristeten Positionen zwischen Promotion und Professur. Die Situation ist sowohl für die Hochschulen als auch die betroffene Jungwissenschaftler*innen problematisch: Den Hochschulen fehlen kompetente wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen für Daueraufgaben und den hochqualifizierten Wissenschaftler*innen attraktive und verlässliche Laufbahnmöglichkeiten.
DIE LINKE
Unbefristete Arbeitsverhältnisse sollten auch in der Wissenschaft die Regel sein. Stellen die Daueraufgaben in Forschung und Lehre erbringen, müssen unbefristet besetzt werden. Dies gilt unabhängig von der Karrierestufe oder Qualifikation der Wissenschaftler*innen.
FDP
Wir sind der Ansicht, dass das Tenure‐Track Modell verstärkt angeboten werden soll, möchten den Hochschulen die Einrichtung von befristeten Juniorprofessuren allerdings nicht untersagen. Aus unserer Sicht müssen sachgrundlose Befristungen aber zur Ausnahme werden.
AFD
Bislang haben wir noch keine Antwort erhalten.
6) Halten Sie die Einführung von Tenure-Track-Professuren für ein wirksames Mittel, um nachhaltigere Personalstrategien an Universitäten zu etablieren? Falls ja, planen Sie über das Bund-Länder-Programm hinausgehende oder das Programm ergänzende Initiativen zu ihrer Etablierung in Hamburg? Falls nein, welche Maßnahmen halten Sie für effektiver?
SPD
Ja, wir halten die Tenure-Track-Professuren für einen wichtigen Baustein einer nachhaltigen Personalstrategie an unseren Universitäten. Wir können uns vorstellen, über ergänzende Initiativen für Tenure-Track-Professuren und auch zu weiteren Alternativen mit den Hamburgischen Hochschulen ins Gespräch zu kommen.
CDU
Wir halten derzeit an dem Bund-Länder-Programm zu Tenure-Track-Professuren fest. Wenn sich über die Zeit herausstellt, dass dieses Programm nicht effektiv ist, werden wir weitere Maßnahmen auf den Weg bringen.
GRÜNE
Die Arbeitsbedingungen an den Hochschulen sind leider noch zu oft unattraktiv, unsicher und wenig planbar. Dem akademischen Nachwuchs fehlt es an Perspektiven. Wir setzen uns dafür ein, unterschiedliche Karrierewege zu ermöglichen, die Bedingungen für die Habilitation zu prüfen und die akademische Laufbahn mit Tenure-Track zu stärken.
DIE LINKE
Tenure-Track-Professuren sind nur ein Mittel, um nachhaltigere Personalstrategien an Universi-täten zu etablieren. Um prinzipielle Änderungen zu erreichen, benötigen wir eine generelle De-batte über Hochschulstrukturen und Arbeitsbedingungen an den Hochschulen. Auf dieser Grundlage sind viele Initiativen möglich, die über ein Bund-Länder-Programm hinausgehen und vom Land gefördert werden könnten. Persönliche Abhängigkeiten, Hierarchien, Leistungs- und Zeitdruck dürfen nicht länger kritische Wissenschaft behindern. Um für ihren Mitarbeiter*innen nachhaltig sichere Rahmenbedingungen vorhalten zu können, benötigen die Hochschulen eine sichere finanzielle und personelle Ausstattung.
FDP
Wir fordern die Hochschulen dazu auf, Tenure‐Track‐Modelle verstärkt anzubieten, die Wissenschaftlern nach einer erfolgreichen Bewährungsphase den direkten Übergang in eine Lebenszeitprofessur ermöglicht. Dazu soll auch das Tenure‐Track‐Programm des Bundes genutzt werden. Wir werden aktiv und im Dialog mit den Hochschulen prüfen, durch welche Maßnahmen sich auch in Hamburg eine verstärkte Nutzung des Tenure‐Track‐Modells erreichen ließe.
AFD
Bislang haben wir noch keine Antwort erhalten.
7) Im Rahmen des Bund-Länder-Programms zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses haben die Hamburger Universitäten insgesamt 46 Tenure-Track-Professuren eingeworben und Hamburg hat sich entsprechend zur Schaffung von 46 zusätzlichen Lebenszeitprofessuren verpflichtet. Wie soll in Hamburg diesem Aufwuchs Rechnung getragen werden?
SPD
Fragen der Finanzierung beraten wir gemeinsam mit den Hochschulen im Rahmen der derzeit laufenden Verhandlungen zu den Hochschulvereinbarungen.
CDU
Indem auch 46 Tenure-Track-Professuren etabliert werden.
GRÜNE
Voraussetzungen für die Teilnahme am Bund-Länder-Programm sind die verbindliche Entscheidung der Universität, den Karriereweg Tenure-Track-Professur dauerhaft zu etablieren, sowie ein Personalentwicklungskonzept für den wissenschaftlichen Nachwuchs und das gesamte wissenschaftliche Personal. Durch die GWK-Vereinbarungen wird sichergestellt, dass der durch das Programm erreichte Umfang an Tenure-Track-Professuren auch nach Ende des Programms erhalten bleibt.
DIE LINKE
DIE LINKE setzt sich für eine bedarfsdeckende und verlässliche Grundfinanzierung der Hamburger Hochschulen ein. Wir fordern eine Dynamisierung der Grundfinanzierung um jährlich 3,5 Prozent, so dass allgemeine Preis- und Tarifsteigerungen mindestens ausgeglichen werden.
FDP
Zunächst ist es sehr erfreulich, dass diese Mittel eingeworben werden konnten. Die Frage, wie diese Änderung sich auch nachhaltig im Hamburger Wissenschaftshaushalt darstellen und verankern lässt, wird Teil der nächsten Haushaltsberatungen sein.
AFD
Bislang haben wir noch keine Antwort erhalten.
8) In den vergangenen Jahren wird verstärkt ein Wandel von einer Lehrstuhl- hin zu einer Departmentstruktur an Universitäten diskutiert. Wie bewerten Sie die Departmentstruktur als mögliche Organisationsform für die Hamburger Universitäten?
SPD
Die aktuelle Diskussion zur Lehrstuhl- und Departmentstruktur verfolgen wir mit Interesse. Wir sind aber der Ansicht, dass es in erster Linie die Hochschulen selbst sind, die im Rahmen ihrer Hochschulautonomie entscheiden müssen, in welchen Strukturen sie ihre Aufgaben in Forschung, Lehre und wissenschaftlicher Qualifizierung am besten wahrnehmen können.
CDU
Prinzipiell begrüßen wir jede Neuerung, welche die Hochschulen besserstellt, vor allem wenn die Hochschulen dadurch mehr Personal bekommen und von Bürokratie entlastet werden. In der Anwendung der Departmentstruktur müssen die Hochschulen frei sein.
GRÜNE
Wir nehmen Hochschulautonomie ernst. Das bedeutet, dass strukturelle Veränderungen einzelner Hochschulen von den Mitgliedern und Gremien derselben ausgehen müssen statt „von oben“ verordnet zu werden. Einzelne Unterstützungsmaßnahmen bei einer breit getragenen Änderung der Organisationsstruktur von Hochschulen sind für uns denkbar.
DIE LINKE
DIE LINKE in Hamburg verfolgt die Debatte mit großem Interesse, denn unseres Erachtens nach hätte eine Departementstruktur im Gegensatz zur Lehrstuhlstruktur einige Vorteile. Durch die Implementierung von Departmentstrukturen wären die Stellen nicht mehr einzelnen Professuren zugeordnet, sondern dem Institut. Persönliche Abhängigkeitsverhältnisse könnten so auf-gebrochen und in die Institutsstrukturen überführt werden.
FDP
Eine Änderung der bestehenden Lehrstuhl‐Struktur ist von unserer Seite bisher nicht vorgesehen. Wir stehen der Debatte aber offen gegenüber, wobei diese nur im engsten Dialog mit den Hochschulen geführt werden kann.
AFD
Bislang haben wir noch keine Antwort erhalten.
9) Wie zeitgemäß ist das Wissenschaftszeitvertragsgesetz?
SPD
Wir haben uns auf Bundesebene erfolgreich für die Verbesserung von Arbeitsbedingungen junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eingesetzt. Im Ergebnis führte das zu einer Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes. Damit wurde die bisher praktizierte Möglichkeit, im Wissenschaftsbereich nur (sehr kurz) befristete Verträge abzuschließen, deutlich eingeschränkt. Wir halten dies für den richtigen Weg. An Hochschulen gibt es aber immer mehr unterschiedliche Aufgaben, die auch unterschiedliche Arbeitsbedingungen benötigen. Daueraufgaben sollten grundsätzlich auf unbefristeten Stellen erledigt werden. Für weitere Diskussion zur Verbesserung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes sind wir offen.
CDU
Durch die Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetz 2015/2016 ist das Gesetz auf einem neuen Stand. So ist etwa die neu eingeführte Einschränkung der sachgrundlosen Befristung auf Beschäftigte, die zu ihrer Qualifizierung beschäftigt sind, die Abschaffung der Befristungsmög-lichkeiten nach WissZeitVG im nichtwissenschaftlichen Bereich (Drittmittelbefristung) und die Beschränkung der Beschäftigungszeiten als studentische Hilfskraft auf maximal sechs Jahre ein guter Schritt gewesen. Über die Befristungen im Bereich des wissenschaftlichen Personals muss weiter diskutiert werden.
GRÜNE
Die grüne Wissenschaftsbehörde hat sich im Bundesrat mit der Initiative, die Befristungspraxis an den Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen abzuschaffen, bei der letzten Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes nicht durchsetzen können. Dadurch bleiben die Arbeitsbedingungen unattraktiv für den akademischen Nachwuchs. Wir setzen uns nach wie vor dafür ein, den Anteil an Befristungen, Kurzzeitverträgen mit unsicheren Anschlussfinanzierungen, halben und Viertelstellen mit voller Arbeitsbelastung und geringer Bezahlung zu minimieren. Daueraufgaben sollen an Hochschulen über Dauerstellen gesichert werden.
DIE LINKE
DIE LINKE ist der Überzeugung, dass nicht Flexibilisierung und Deregulierung, sondern im Gegenteil hervorragende Arbeitsbedingungen wissenschaftliches Arbeiten auf hohem Niveau er-möglichen. Ein Wissenschaftszeitvertragsgesetz als Sonderrecht in der Wissenschaft macht aus unserer Sicht nur dann Sinn, wenn daraus ein Wissenschaftsqualifizierungsgesetz wird, es also echte Mindeststandards für gute Arbeit in der Wissenschaft setzt.
FDP
Wir sind in Bezug auf Verbesserungen stets dialogbereit, wollen aber der Evaluation des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes im Jahr 2020 nicht vorgreifen.
AFD
Bislang haben wir noch keine Antwort erhalten.
10) Wie lassen sich aus Ihrer Sicht familienfreundlichere Rahmenbedingungen für die Wissenschaft schaffen? In welchem Umfang wollen Sie in der nächsten Legislaturperiode Dual Career Modelle oder den Ausbau der Kinderbetreuung an Hamburger Hochschulen für Studierende und Mitarbeitende fördern?
SPD
Die Hamburger öffentlichen Hochschulen sind als familiengerechte Hochschulen zertifiziert. Im Jahr 2019 haben sich 30 Einrichtungen aus der Metropolregion Hamburg zum Netzwerk „Dual-Career Hamburg + der Norden“ zusammengeschlossen. Es ist das erste regionale Dual Career Netzwerk in Norddeutschland. Die Entwicklungen und die Wirksamkeit des Netzwerkes werden wir aufmerksam verfolgen. Die Kinderbetreuung in Hamburg haben wir seit 2011 enorm verbessert. Wir werden das Angebot an KITA-Plätzen in den kommenden Jahren weiter vergrößern und die Qualität der Betreuung (Verhältnis von Betreuern zu Kindern) verbessern. Dies kommt allen Eltern und Kindern in unserer Stadt zu Gute.
CDU
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist für uns auch im Bereich der Wissenschaft ein wichtiges Anliegen. Die Kinderbetreuung muss daher erhöht werden. Über die Einführung und/oder Verbesserung von Dual Career Modellen möchten wir in der kommenden Legislatur ergebnisoffen diskutieren.
GRÜNE
Wir möchten die Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Wissenschaftsbetrieb fördern. Ein Hauptproblem ist die große Mobilität, die in der Wissenschaft erwartet wird. Wir setzen uns dafür ein, geeignete Programme einzuführen, die es Wissenschaftler*innen ermöglichen, sich persönlich zu bewerben und ihre Hochschule aussuchen zu dürfen.
DIE LINKE
Zu guten Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft gehören auch familienfreundliche Rahmen-bedingungen sowie der Ausbau der Kinderbetreuung an den Hamburger Hochschulen. Dafür werden wir uns auch in der nächsten Legislatur einsetzen.
FDP
Grundsätzlich wollen wir Freie Demokraten die Hochschulen bei den Möglichkeiten der Personalentwicklung durch die Hochschulautonomie stärken. Wir sind der Überzeugung, dass beste Lehre und beste Forschung nur verwirklicht werden können, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Wir möchten daher die Verbesserung der Einstiegsmöglichkeiten für Nachwuchswissenschaftlerinnen und ‐wissenschaftler. Die bereits angesprochenen Tenure‐Track‐Professuren bieten hierfür ebenso ei-ne Möglichkeit wie die Flexibilisierung von Forschungs‐ und Lehranteilen. Den Bedürfnissen von Vereinbarkeit von Familie und Beruf muss in verstärkter Form Rechnung getragen werden. Dies gilt auch für den sogenannten akademischen Mittelbau, dem bessere Karrierechancen und Arbeitsbedingungen geboten werden müssen. Daher wollen wir „Code of Conduct“ zu den Arbeits‐ und Beschäftigungsbedingungen an den Hochschulen wir im Dialog mit den Betroffenen weiterentwickeln. Die Umsetzung von Vereinbarung von Familie und Beruf durch Kinderbetreuung, Elternzeiten und Dual‐Career‐Optionen sind darüber hinaus wichtige Voraussetzung, um die Rahmenbedingungen für alle zu verbessern.
AFD
Bislang haben wir noch keine Antwort erhalten.