1. Die Hochschulen stehen vor der großen Herausforderung, unter dem Druck von Energieeinsparungen eine regulären Lehr- und Forschungsbetrieb sowie dringende Sanierungen der Infrastruktur zu ermöglichen. Welche Maßnahmen zur Unterstützung der Hochschulen schlagen Sie vor?
SPD
Um die Hochschulen für die zusätzlichen Aufgaben zu wappnen, werden wir die Grundfinanzierung der Hochschulen für angewandte Wissenschaften und der Universitäten massiv erhöhen. Wenn wir beim internationalen Wettbewerb um die klügsten Köpfe ganz vorne dabei sein wollen, dürfen längst überfällige Bau- und Sanierungsmaßnahmen nicht weiter verschleppt werden. Im Wissenschaftsbereich sind fast 500 Bauprojekte angemeldet, ein Drittel davon ist noch nicht einmal in Planung. Wir haben eine Finanzierungslücke bei den wichtigsten Wissenschaftsbauten von dramatischem Ausmaß. Dafür muss in den nächsten fünf Jahren mindestens eine Milliarde Euro pro Jahr investiert werden.
CSU
Wir werden die Zusage einhalten, die bayerischen Hochschulen bei den steigenden Energiekosten zu unterstützen. Die Ende Juni mit allen Hochschulen Bayerns geschlossene Rahmenvereinbarung gibt den Hochschulen finanzielle Planungssicherheit für die kommenden fünf Jahre. Die Mittel für Bau und Sanierungen haben im Jahr 2023 mit 670 Mio. Euro ein Rekordhoch erreicht. Während andere Länder sparen, investiert Bayern massiv in Wissenschaft und Forschung. Allein über die Hightech Agenda stellt der Freistaat bis zu 5,5 Milliarden Euro zur Verfügung.
FPD
Wir fordern zunächst ein „Sonderprogramm Bau“, um die Forschungsgebäude unserer Hochschulen wieder auf Spitzenniveau zu bringen. Außerdem setzen wir uns dafür ein, Hochschulen ein Globalbudget zur Verfügung zu stellen, über dessen Verwendung sie im Einzelfall selbst entscheiden und eigenverantwortlich eigene Akzente setzen können.
GRÜNE
Wer in die Zukunft investieren will, darf an der Bausubstanz nicht sparen. Wir Grüne werden daher ein 10-Jahres-Programm zum Abbau des enormen Sanierungsstaus an den Bayerischen Hochschulen (mindestens 5,8 Milliarden Euro allein bei den großen Baumaßnahmen) auflegen. Um diese Gelder auch effektiv nutzen zu können werden wir die Staatlichen Bauämter im Bereich Hochschulbau personell stärken. Zum klimagerechten Ausbau und Betrieb unserer Hochschulen werden wir ein ambitioniertes Landesprogramm aufsetzen, das sie in den Bereichen Hochschulbau, Bauunterhalt, Beschaffung und Betrieb beim Ziel der Klimaneutralität bis 2028 unterstützt.
FREIE WÄHLER
Wir wollen ein qualitativ hochwertiges und zukunftsorientiertes Hochschulangebot in der Fläche sichern. Im Rahmen der Hightech Agenda investieren wir bereits kräftig in unsere Hochschulen als Keimzellen innovativer Forschung und Wiege zukünftiger hochqualifizierter Arbeitnehmer. Neben rund 3.800 Stellen an den bayerischen Hochschulen, davon 1.000 neue Professuren in Zukunftsfeldern wie Künstliche
Intelligenz, Clean Tech sowie Luft- und Raumfahrt werden insgesamt 13.000 neue Studienplätze geschaffen, um die Fachkräfte von morgen auszubilden. Mit dem Hochschulinnovationsgesetz haben wir die größte Reform der bayerischen Hochschullandschaft seit 16 Jahren eingeleitet. Damit haben wir seit 2022 ein rechtsbindendes Instrument an der Hand, um durch gezielte Wirtschafts- und
Wissenschaftsförderung gesamtgesellschaftliche Innovationsprozesse anzustoßen sowie vorhandenes kreatives Potenzial voll auszuschöpfen – und all das auf Basis demokratischer Beteiligung, Gleichstellung, gesicherter Wissenschaftsfreiheit, gesellschaftlicher Verantwortung und Nachhaltigkeit an den bayerischen Hochschulen. Mit all diesen Maßnahmen haben wir den Grundstein gelegt für einen
modernen, innovativen und zukunftsorientierten Freistaat, in dem es sich auch morgen sehr gut leben lässt.
2. Halten Sie die Einführung von Tenure-Track-Professuren für ein wirksames Mittel, um nachhaltigere Personalstrategien an Universitäten zu etablieren? Wie bewerten Sie einen Aufwuchs dieser Stellen über das Bund-Länder-Programm hinaus und welche alternativen Karrierewege zur halten Sie für zeitgemäß?
SPD
Ja. Ein Aufwuchs dieser Stellen über das Bund-Länder-Programm hinaus wäre wünschenswert. Sollte im Rahmen der Reform des WissZeitVGs eine deutliche Steigerung des Anteils der Dauerstellen geschaffen werden, wäre zu erwarten, dass es üblicher wird, auch ausgehend von Dauerstellen, sich auf Lehrstühle zu bewerben bzw. berufen zu lassen. Eine zu schaffende Anschlusszusage im WissZeitVG könnte einen Art tenure-track in den Mittelbau etablieren.
CSU
Tenure-Track-Professuren haben sich in Bayern bewährt und sind in Art. 58 Absatz 4 im neuen Hochschulinnovationsgesetz (BayHIG) festgeschrieben, das zum 1. Januar 2023 in Kraft getreten ist. Das Bayerische Hochschulinnovationsgesetz soll Hochschulen mehr Flexibilität und Autonomie einräumen. Daher ist es richtig, dass die Hochschulen in Bayern die für sie jeweils passenden Formen für die Rekrutierung ihres benötigten Personals selbst festlegen. Das können Tenure-Track- Professuren, Juniorprofessuren oder auch Nachwuchsprofessuren sein. Auf Initiative der CSU wurde mit den Karrierezentren eine Institution geschaffen, um die Absolventinnen und Absolventen individuell und intensiv über den jeweils passenden weiteren beruflichen Weg in Forschung, Lehre, im Wissenschaftsmanagement oder am Arbeitsmarkt außerhalb der Hochschulen beraten zu können.
FPD
Um dem bislang unzureichend genutzten Talentpool im wissenschaftlichen Dienst langfristig bessere Entwicklungsspielräume zu geben und diesen wertvollen Wissenschaftsnachwuchs an den bayerischen Hochschulen zu halten, soll dieser auf eine wissenschaftliche Karriere noch besser vorbereitet werden, als dies gegenwärtig der Fall ist, indem Tenure-Track-Professuren weiter ausgebaut werden. Durch das Tenure-Track-Verfahren wird sichergestellt, dass der wissenschaftliche Nachwuchs in die Aufgaben eines Professors (Forschung und Lehre) kontinuierlich hineinwachsen kann, indem ihm für die jeweilige Qualifikationsstufe sukzessive mehr Verantwortung übertragen.
GRÜNE
Die Ausweitung von Tenure-Tracks kann einer der Möglichkeiten hin zu einer nachhaltigeren Personalplanung im wissenschaftlichen Bereich sein, reicht dafür aber nicht aus. Wir Grüne werden alternative Karrierewege im wissenschaftlichen Bereich durch die Schaffung von Dauerstellen für Daueraufgaben eröffnen. Dafür werden wir neue, dauerhafte Mittelbau-Stellen als (Senior) Lecturer und (Senior) Researcher schaffen. Darüber hinaus setzen wir uns auch für qualifizierte und professionelle Karrierewege im Wissenschaftsmanagement ein, die einen weiteren akademischen Arbeitsweg aufzeichnen. Dafür werden wir Aus- und Weiterbildungsangebote schaffen, auf die Aktualisierung von Stellenbeschreibungen hinwirken und Anstellungsmöglichkeiten jenseits von Projekt-Kettenbefristungen schaffen.
FREIE WÄHLER
Das Tenure-Track-Programm zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses wurde eingeführt, damit für viele junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Karrierewege planbarer und transparenter werden. Diese Aufgabe erfüllt das Programm erfolgreich. Das Tenure Track-Modell trägt wesentlich zur attraktiveren Gestaltung der wissenschaftlichen Karriere bei, indem es jungen motivierten
Forschern nicht nur mehr Planungssicherheit gibt, sondern auch die Erweiterung der Karriereperspektiven gewährleistet. Dieses Programm ist folglich ein wichtiger Impuls zur Weiterentwicklung der Personalstrukturen und macht Wissenschaft und Forschung als Berufsfeld attraktiver. Insofern halten wir FREIE WÄHLER es für sinnvoll, wenn sich das Programm an den bayerischen Hochschulen breiter etabliert und somit auch einen Impuls geben kann, um die immer noch zu große Zahl an Befristungen
abzubauen. Für sich allein aber reicht es nicht aus, um transparente und verlässliche Karriereperspektiven sicherzustellen. Hierzu bedarf es auch der Stärkung der Grundfinanzierung der Hochschulen. Nur so können die bayerischen Hochschulen in die Lage versetzt werden, nachhaltige Personalstrukturen zu etablieren und den Anteil der Nachwuchsstellen mit Tenure Track zu erhöhen.
3. Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz wird derzeit auf verschiedenen Ebenen intensiv diskutiert. Welche Punkte sollten Ihrer Meinung nach novelliert werden und wie planen Sie sich hier, als Bundesland einzubringen?
SPD
Eine Beteiligung der Länder am WissZeitVG erfolgt über die Länderanhörung, darüber hinaus ist keine Beteiligung der Länder vorgesehen. Wir als BayernSPD werden uns im Rahmen zu schließender Bund-Länder-Vereinbarungen (bspw. Fortführung ZSL in 2027) für die Schaffung von Befristungshöchstquoten einsetzen.
CSU
Wir bekennen uns zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz und wollen dieses stetig weiterentwickeln und an die aktuellen Gegebenheiten anpassen. Klar ist: Hochschulen müssen ein attraktives Arbeits- und Familienumfeld bieten. Nur so gelingt es uns, die besten Köpfe an unsere Hochschulen zu binden. Wir wollen den akademischen Mittelbau stärken. Eine Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes muss mehr Sicherheit und Planbarkeit für akademische Karrieren schaffen. Dafür muss der Bund verstärkt in Wissenschaft und Forschung investieren, statt zu kürzen. Eine CSU-geführte Bayerische Staatsregierung wird sich dazu auch weiterhin konstruktiv in die laufende Debatte einbringen.
FPD
Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz hält gute Möglichkeiten bereit, um auf verschiedene Karrieren an und außerhalb der Wissenschaft vorzubereiten. Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, Dauerstellen für Daueraufgaben zur Verfügung zu stellen. Qualifikationsstellen hingegen sind und bleiben befristet, um möglichst vielen Nachwuchswissenschaftlerinnen und – wissenschaftlern diese Karrierewege offenzuhalten.
GRÜNE
Im neuen WissZeitVG muss die Promotionsphase insoweit umgestaltet werden, dass Verträge mit dem Qualifikationsziel der Promotion mindestens vier Jahre laufen sollen und mindestens eine 50 Prozent-Stelle umfassen sollen. Die PostDoc-Phase hingegen sehen wird nicht als Qualifikationsphase an. Eine befristete Anstellung sollte nach der Promotion deshalb nur maximal einmalig möglich sein und ist mit einer verbindlichen Anschlussoption auf eine entfristete Beschäftigung zu versehen. Für jede Dauerstelle nach der Promotion soll ein substantieller Anteil der Arbeitszeit für Forschung als Dienstaufgabe vorgesehen sein. Der bisherige Referentenentwurf (Stand Juni 2023) aus dem BMBF wird diesen Zielen für die PostDoc-Phase jedoch nicht gerecht. Wir sehen hier erheblichen Verbesserungsbedarf, der auch auf Landesebene stattfinden kann.
FREIE WÄHLER
Als FREIE WÄHLER setzen wir uns dafür ein, dass die geplante Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes zu einer echten Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft führt. Es gilt, mit dem wertvollen Gut kluger Köpfe sehr viel sorgsamer umzugehen. Transparente Karrierewege, ein flexibles Wissenschaftssystem und der Erhalt der Attraktivität des Wissenschaftsstandorts Deutschland müssen das Ziel sein. Der Bund ist für die Regelung des
Sonderbefristungsrechts in der Wissenschaft verantwortlich und steht hier in der Verantwortung. Daneben halten wir es aber auch für notwendig, dass den Hochschulen eine ausreichende Grundfinanzierung zur Verfügung steht – hierfür werden wir uns auf Landesebene weiterhin stark machen. Ein großes Problem sehen wir in Teilzeitstellen und dem erhöhten Lehrdeputat vieler
Post-Docs und Promovierender. In der regulären Arbeitszeit bleibt damit kaum Zeit für eine
Weiterqualifizierung. Hierzu fehlen Verbesserungsvorschläge im Eckpunktepapier z.B. in arbeitsrechtlicher Hinsicht. Insgesamt halten wir es für wichtig, mehr entfristete Stellen zu schaffen – auch in der Juniorprofessur.
4. Bei der Diskussion um das WissZeitVG zeichnet sich ab, dass es eine kürzere Post-Doc-Phase gibt, wie möchten sie hier eine faire Auslese mit Perspektive bis zur Dauerstelle ermöglichen?
SPD
Über das Instrument der Anschlusszusage. Diese lässt nach einer sehr kurzen Befristungsdauer ohne Anschlusszusage (Orientierungsphase) weitere Befristung nur mehr zu, wenn für den Fall der Erreichung vorher vereinbarter Ziele eine unbefristete und angemessene Beschäftigung verbindlich zugesagt ist.
CSU
Es gibt keine allgemeingültige Antwort auf die Frage, wie lange die zweite Qualifikationsphase (früher: Habilitation oder Habilitationsgleiche Leistung) dauern sollte. Von Fach zu Fach und von Forschungsvorhaben zu Forschungsvorhaben unterscheiden sich diese Zeiträume. In Bayern sind die Hochschulen verpflichtet, fair mit Befristungen umzugehen. Die Hochschulen haben sich bereits 2015 zu Grundsätzen für Befristungen bekannt. In der jüngst unterzeichneten Rahmenvereinbarung heißt es dazu: „Die Hochschulen achten darauf, dass bei der Beschäftigung ihres wissenschaftlichen und künstlerischen Personals die – ggfs. fortzuentwickelnden – Grundsätze der staatlichen bayerischen Hochschulen zum Umgang mit Befristungen nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) angewendet werden.“
FPD
Die geplante Reform des WissZeitVG ist ein erster Ansatz, um den hohen Anteil befristeter Stellen zu reduzieren und junge Wissenschaftler psychisch zu entlasten. Es ist geplant, das Gesetz alle vier Jahre zu evaluieren, um im Dialog mit den Betroffenen mögliche Anpassungen vorzunehmen.
GRÜNE
Wie bereits beschrieben halten wir die pauschale Verkürzung der PostDoc-Phase für kein geeignetes Mittel, um nachhaltigere Personalstrukturen in der Wissenschaft herzustellen. Eher im Gegenteil. Anstellungen in der PostDoc-Phase sollen mit verbindlichen Anschlussoptionen hin zur Dauerstelle versehen werden. Eine faire Auswahl kann und sollte hier, wie in ähnlichen Bereichen, über entsprechende demokratische Evaluationsverfahren an denen alle Statusgruppen paritätisch beteiligt sind, sichergestellt werden.
FREIE WÄHLER
Die angedachte Kürzung der Postdoc-Phase führt nach unserem Dafürhalten dazu, dass sich der Druck auf Postdocs deutlich erhöht. Es ist zwar richtig, zu versuchen, die Angestellten früher aus der Befristung holen zu wollen, aber einfach nur eine Verkürzung (ohne Ausbau der unbefristeten Stellen) halten wir für falsch. Wichtig ist aber, dass die Postdocs eine klare Perspektive für eine Dauerstelle nach der
erfolgreichen Promotion erhalten. Wenn man als Ausgangspunkt eine Verkürzung der Postdoc-Befristungsdauer hat, sollte man spätestens ein bis zwei Jahre nach der Promotion, also in der Post-Doc-Phase, eine Tenure-Track-Stelle in Aussicht haben. Dazu müsste man neue Förderprogramme etablieren, die eine Finanzierung von Tenure-Track-Stellen für planmäßig freiwerdende Stellen ermöglichen können.
5. Viele hoch qualifizierte Absolvent:innen entscheiden sich aufgrund der Rahmenbedingungen für Karrierewege außerhalb der Wissenschaft. Welche Anreize möchten Sie als Partei hier schaffen, um Wissenschaftler:innen im universitären System oder in der akademischen Spitzenforschung zu halten?
SPD
Als SPD setzen wir auf frühere Verlässlichkeit und mehr Dauerstellen. Im Zuge der Reform der Arbeitszeiterfassung ist auch eine Neuregelung für den akademischen Betrieb zu erwarten. Eine strengere Erfassung als Arbeitnehmerschutzrecht dürfte die Anzahl der unvergüteten Überstunden reduzieren und damit die Attraktivität des Berufes steigern.
CSU
Der Freistaat Bayern unterstützt seine Hochschulen mit Rekordsummen. Die Hightech Agenda Bayern schafft eine Fülle von Beschäftigungs- und Karrieremöglichkeiten überall in Bayern. In der Rahmenvereinbarung, die Ende Juni diesen Jahres von der Staatsregierung und den Präsidenten aller bayerischen Hochschulen unterschrieben wurde, wird die Hightech Agenda Bayern und das hohe finanzielle Niveau für die kommenden fünf Jahre festgeschrieben. Das Bayerische Hochschulinnovationsgesetz (BayHIG) hat die Spielräume für die Besoldung und Ausstattung der Professoren erweitert. Auch das „Spitzenprofessurenprogramm“ (SPP) sorgt für Attraktivität im Vergleich zu Positionen in der Wirtschaft. Ein wichtiger Aspekt ist darüber hinaus eine Steigerung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Dies ist ein Punkt, der für Studienabgänger in den kommenden Jahren bei der Entscheidung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft ebenfalls den Ausschlag zugunsten der Hochschulen geben könnte.
FPD
Wir setzen uns dafür ein, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Wissenschaft zu verbessern, z. B. durch bessere Kinderbetreuung. Auch ein verbessertes Onboarding soll dazu beitragen, eine Karriere in der Wissenschaft attraktiver zu machen. Zudem setzen wir uns für den Ausbau an Tenure-Track-Professuren sowie die Möglichkeit von Teilzeitprofessuren ein.
GRÜNE
Die Abschaffung der Kettenbefristungen und die Schaffung neuer Dauerstellen sind der größte Anreiz für attraktivere Arbeitsstrukturen in der Wissenschaft. Nicht immer muss die eigene Professur Karriereziel in der Wissenschaft sein. Mit den erwähnten Stellen als (Senior) Lecturer und (Senior) Researcher schaffen wir auch dauerhafte Karriereoptionen im wissenschaftlichen Mittelbau. Eine Professionalisierung des Wissenschaftsmanagements, als Schnittstelle zwischen Forschung und Lehre auf der einen und Verwaltung auf der anderen Seite, wollen wir gezielt unterstützen und vorantreiben. Wo das Wissenschaftsmanagement heute an manchen Stellen nur als Karriereoption für diejenigen dargestellt wird, die keine anderweitige Dauerstelle bekommen, wollen wir den Bereich als eigene akademische Berufsgruppe deutlich aufwerten.
FREIE WÄHLER
Junge Wissenschaftler müssen ausreichend gesicherte Lebensperspektiven geboten bekommen. Denn wir müssen dringend verhindern, dass hochqualifizierte Personen aufgrund der prekären Situation ins Ausland oder in die Industrie abwandern. Wir setzen uns deshalb für einen Abbau der befristeten Beschäftigungsverhältnisse sowohl im Bereich des wissenschaftlichen als auch nicht-wissenschaftlichen
Personals ein.
6. Viele hoch qualifizierte Wissenschaftler:innen können aufgrund des Fehlens von Professuren nicht berufen werden und gehen dem Wissenschaftssystem verloren. Deutschland hinkt hier im internationalen Vergleich deutlich hinterher. Welche Lösungsansätze schlagen Sie vor?
SPD
In Bayern sind im Rahmen der High-Tech-Agenda gerade zusätzliche rund 1.000 neue Professuren geschaffen worden. Wir setzen uns auch für einen Aufwuchs in Fachbereichen ein, die in der Agenda nicht im Fokus stehen.
CSU
Durch die Hightech Agenda sind in Bayern 1.000 zusätzliche Professorenstellen geschaffen worden, die gerade dem wissenschaftlichen Nachwuchs vielfältige Chancen bieten. Die Berufungsverfahren laufen erfolgreich und planmäßig, die Technologieoffensive entfaltet auch in der internationalen Wissenschaftscommunity enorme Anziehungskraft für den Forschungsstandort Bayern. Wir holen die besten Köpfe nach Bayern.
FPD
Wir lehnen eine sachfremde gesetzliche Begrenzung der Höchstbeschäftigungsdauer auf zwölf beziehungsweise fünfzehn Jahre im Universitäts- und Hochschulbereich ab. Stattdessen fordern wir langfristige und unbefristete Arbeitsverhältnisse zwischen Promotion und Professur (zum Beispiel als „Lecturer“), insofern Daueraufgaben bearbeitet werden.
GRÜNE
Eine Ausweitung von Professuren kann und sollte in einigen, gesellschaftlich hoch relevanten Bereichen strategisch und gezielt erfolgen. Darüber hinaus wollen wir auch jenseits der Professur wie erwähnt Möglichkeiten zur dauerhaften Beschäftigung in Forschung und Lehre schaffen.
FREIE WÄHLER
Mit dem Bayerischen Hochschulinnovationsgesetz haben wir die größte Reform der bayerischen Hochschullandschaft seit 16 Jahren eingeleitet. Mehr Teilhabe für Studierende, mehr Gleichstellung auf allen Ebenen und mehr Innovationsfreude durch gezielten Technologietransfer und Exzellenzförderung: Das sind die Eckpfeiler des neuen Bayerischen Hochschulinnovationsgesetzes. Gerade das Hochschulpersonal profitiert von der Gesetzesänderung: Die Berufung von Professoren wird beschleunigt
und damit die Karrierechancen für angehende Professoren verbessert. Daneben können diese sich und ihre Mitarbeiter künftig leichter an Unternehmen beteiligen oder auch Ausgründungen besser unterstützen. Damit haben wir bereits die richtigen Maßnahmen angestoßen, um qualifizierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ihren Platz in unserem Wissenschaftssystem zu gewährleisten und attraktiv zu halten. Unsere intensive parlamentarische Arbeit hat sich gelohnt, mit dem
neuen Hochschulinnovationsgesetz stärken wir den Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort Bayern.
7. Bayern hat mit der Hi-Tec Agenda ein Förderinstrument technischer Wissenschaften initiiert. Wie ist die strategische Planung, auch im Verhältnis zu anderen Gebieten? Gerade im Bereich Osteuropa, Friedens- und Konfliktforschung sowie Umweltschutz warten in ja schon die nächsten Herausforderungen.
SPD
Die Hightech Agenda wird die Zentralisierung in der Bayerischen Wissenschaftslandschaft, abgesehen einiger weniger Ausnahmen, weiter verschärfen. Das große Geld fließt überwiegend in die Metropolregionen nach München und Nürnberg. Der Agenda fehlt der strategische Überbau und ein ganzheitliches Konzept für die bayerische Wissenschaftslandschaft. Natürlich müssen wir in die Erforschung neuer Technologien investieren. Die SPD hat die HTA immer unterstützt und konstruktiv begleitet. Entscheidend für einen nachhaltigen Erfolg der Investitionen sind jedoch eine Verbesserung und Sicherung der Rahmenbedingungen der wissenschaftlichen Arbeit. Durch eine dringend notwendige Aufstockung der Grundfinanzierung werden wir eine Verbesserung der Qualität von Studium und Lehre erreichen. Stärke und Vielfalt der Bayerischen Hochschullandschaft lassen sich nicht allein mit Hightech-Begriff erfassen. Hightech ist nur ein, wenn auch wichtiger Bestandteil für die zukünftige Aufstellung unserer Wissenschaftslandschaft. Ziel der Wissenschaftspolitik muss sein, auf Vielfalt zu setzen.
CSU
Nach Schätzungen des Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst sind mindestens 20 Prozent der Professorenstellen der Hightech Agenda Bayern im geistes- und sozialwissenschaftlichen Bereich eingerichtet worden. An der Universität Augsburg wurde aus Mitteln der Hightech Agenda Bayern beispielsweise ein Zentrum für Klimaresilienz gegründet. Schon hieran ist zu erkennen, dass die bayerischen Hochschulen die Mittel der Hightech Agenda wichtigen Gesellschafts- und Zukunftsthemen widmen. Die CSU unterstützt darüber hinaus die Intensivierung und engere Vernetzung der Friedens-, Konflikts- und Sicherheitsforschung. Hier hat sich an den Universitäten bereits eine Bayerische Wissenschaftsallianz für Frieden, Konflikt und Sicherheit gegründet.
FPD
Der Begriff der Hightech Agenda Bayern wurde vonseiten der Staatsregierung unglücklich gewählt, da das Programm für alle Hochschulbereiche gilt – auch für nicht-technische. Künstliche Intelligenz wird beispielsweise auch in der Philosophie oder den Literaturwissenschaften gefördert und dies erfolgt auch durch das Programm. Wir stehen dezidiert zur Stärkung auch der Geistes- und Sozialwissenschaften, da diese wichtige Erkenntnisse für das Gesamtverständnis von Problemlagen hervorbringen und bedeutsam für das Verständnis von Zusammenhängen über die Fachbereiche hinweg sind. Zugleich brauchen wir eine Intensivierung der internationalen Zusammenarbeit insgesamt mit unseren EU- und Nicht-EU-Partnern auf diesen Feldern.
GRÜNE
Die Hightech-Agenda der Staatsregierung hat leider eine sehr einseitige Einschränkung auf einzelne, technische Forschungsbereiche vorgenommen. Aus unserer Sicht muss eine zukunftsgerichtete Forschungsagenda breiter aufgestellt sein. Dazu gehören aus unserer Sicht neben Klimafragen auch Fragen des gesellschaftlichen Zusammenhalts und der nachhaltigen Transformation unserer Wirtschaft. Neben den Technikwissenschaften spielen hier auch Natur-, Geistes- und Sozialwissenschaften eine große Rolle.
FREIE WÄHLER
Mit einem Umfang von rund 3,5 Milliarden Euro und der inhaltlichen Breite der Maßnahmen ist die HTA deutschlandweit sicherlich einmalig. Es ist uns als FREIE WÄHLER ein besonderes Anliegen, Studienangebote, Lehrqualität und Forschungsexzellenz aber auch in anderen Gebieten nachhaltig zu stärken. Denn unsere Hochschulen bilden die hochqualifizierten Arbeitnehmer von morgen aus und
legen damit den Grundstein für die Sicherung von Wohlstand der bayerischen Bürgerinnen und Bürger sowie unserer Gesellschaft insgesamt.
8. Wie sehen Sie die Entwicklung der Technische Universität Nürnberg (UTN), welche Schritte sollen unternommen werden, um die UTN-Strukturen weiter aufzubauen?
SPD
Die TUN, die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen (FAU) und die TH Nürnberg müssten sich sinnvoll ergänzen ohne konkurrierende Doppeltstrukturen- und Angebote zu entwickeln. Der Erfolg der ambitionierten Wissenschaftseinrichtung wird stark davon abhängen, ob die die Empfehlungen des Wissenschaftsrats im weiteren Ausbau berücksichtigt werden.
CSU
Wir sehen die UTN auf einem sehr guten Weg. Die Verwaltung und die wichtigsten wissenschaftlichen Positionen sind mit ausgewiesenen Persönlichkeiten besetzt, darunter ein Institutsleiter des Fraunhofer IIS und zwei Leibniz-Preisträger. Bis Ende 2024 sollen rund 30 Professuren besetzt werden. Zum Wintersemester 2023/2024 startet der erste interdisziplinäre Masterstudiengang in „Artificial Intelligence and Robotics“. Für zukunftsweisend halten wir das digitale Lehrkonzept mit einer engen Verzahnung von Geistes- und Naturwissenschaften. Zentral ist für uns auch die enge Zusammenarbeit mit den schon in der Region lehrenden Hochschulen am Standort Nürnberg und Erlangen (THN und FAU).
FPD
Insgesamt begrüßen wir den interdisziplinären Ansatz der UTN, den wir auch für die übrigen Hochschulen im Freistaat fordern. Die Entwicklung der UTN darf allerdings nicht dazu führen, dass andere Hochschulen – insbesondere in den ländlichen Regionen – vernachlässigt werden.
GRÜNE
Wir begrüßen die Umsetzung einer Departmentstruktur, das sehr gute Betreuungsverhältnis und die Inter- und Transdisziplinarität in Forschung und Lehre. Die UTN ist ein Testballon, der innovative Konzepte in der Lehre wie auch in der Hochschulgovernance umsetzen und so zu einer Spitzeneinrichtung werden soll. Die Möglichkeit, die Forschende, Lehrende und auch Studierende haben sollen, stehen leider in einem krassen Missverhältnis zu den Spielräumen an anderen Hochschulen in Bayern. Wir wollen diese Verbesserungen auch für die ganze Hochschullandschaft nutzbar machen. Im Hinblick darauf, dass wissenschaftliche Exzellenz sich in Bayern hochschulpolitisch gewollt auf den Großraum München konzentriert, müssen wir auch in Nordbayern Kräfte bündeln. Bezüglich der Entwicklung der UTN vor Ort ist aus unserer Sicht daher eine enge Abstimmung mit den anderen Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen vor Ort dringend notwendig. Die Neugründung einer Technischen Universität darf nicht zur gegenseitigen Kannibalisierung führen.
FREIE WÄHLER
Mit ihrem Leitbild ‚Internationalität, Interdisziplinarität, Unternehmertum‘ eröffnet die zum 01. Januar 2021 gegründete Technische Universität Nürnberg Studierenden künftig die Chance, wissenschaftliche Potenziale zu nutzen und systemische Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen zu finden. Wir sehen hier die einmalige Möglichkeit, fortschrittliche Struktur- und Gestaltungselemente zu berücksichtigen. Gerade im Hinblick auf die fortschreitende Digitalisierung soll die Gelegenheit genutzt werden, die Vision eines integrierten digitalen Campus umzusetzen. Ein breites Fächerangebot aus Technik-, Natur-, Geistes- und Sozialwissenschaften wird ihre Studierenden auf den Arbeitsmarkt der Zukunft vorbereiten. Die Ausbildung erfolgt nah an der Forschung und nimmt die Problemlösungskompetenz der Studierenden in den Blick. Gleichzeitig bleibt unser Augenmerk darauf gerichtet, ein qualitativ hochwertiges und zukunftsorientiertes Hochschulangebot in der Fläche zu sichern. Universitätsneugründungen dürfen nicht zulasten der bestehenden Hochschulen in Bayern gehen.